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You are here: Home Lieder Es waren zwei Königskinder Edition A: Flugschrift um 1580
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A. Zwischen zweyen burgen / da ist ein tieffer See

(Flugschrift um 1580)


Text: anonym

Scan der Editionsvorlage
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1. Zwischen zweyen burgen /
da ist ein tieffer See /
auff der einen burge /
da sitzet ein edler Herr.
 
2. Auff der andern burge /
do wont ein Junckfraw fein /
sie weren gern zusammen /
ach Gott möcht es gesein.
 
3. Da schreib er jr herüber /
ein freundlichen gruß /
da bot sie jm herwider /
sie wolt es gern thun.
 
4. Da schreib er jr hinwider /
er künd wol schwimmen /
da bot sie jm herwider /
sie wolt jm wol zünden.
 
5. Sie gieng in schneller eyle /
da sie ein Kertzen liecht fandt /
sie steckt es gar wunder balde /
an ein steinen wandt.
 
6. Stell ichs dir zu hoche /
so löschet mirs der windt /
stell ichs dirs zu nieder /
so löschen dirs die Kindt.
 
7. Das merckt ein wunder böses | weib /[S. 4]
das liecht dunckt mich nit gut /
ich förcht das vnser Tochter /
nit wol sey behüt.
 
8. Sie nam es von der wände /
vnd löschet es zu der selben stundt /
da gieng dem Edlen Ritter /
das wasser in den mundt.
 
9. Ach Mutter liebe Mutter /
erlaub mir an den See /
ein wunder kleine weile /
mir thut mein häuptlein wee.
 
10. Ach Tochter liebe Tochter /
wilt du nun an den See /
so nimb dein Jüngste schwester /
mir dir spacieren an den See.
 
11. Mutter liebe Mutter /
mein schwester ist noch ein kindt /
sie bricht die roten Rößlein ab /
die auff der heyden sind.
 
12. Ach Vatter lieber Vatter [/]
erlaub  mir an den See /
ein wunder kleine weile /
mir thut mein häuptlein wee. |[S. 5]
 
13. Ach Tochter liebe Tochter /
thut dir dein häuptlein wee /
so nimm dein jungsten Bruder /
mit dir spacieren an den See.
 
14. Ach Vatter lieber Vatter /
mein bruder ist noch ein kindt /
er scheußt die kleinen waldfögelein /
die auff der heyden sind.
 
15. Die Junckfraw war behende /
sie thet ein abentgang /
sie lieff gar wunder balde /
da sie ein Fischer fandt.
 
16. Ach Fischer lieber Fischer /
vnnd schlag dein hacken zu grundt /
es ertranck sich nächten spate /
ein Ritter hübsch vnd jung.
 
17. Der Fischer was behende /
er thet was man jn hieß /
er schlug den edlen Ritter /
den hacken in seine füß.
 
18. Er nam jn bey der mitten /
er leyt jrn in die schoß /
mit heissen trähenen
sie den Ritter vbergoß. |[S. 6]
 
19. Was zog sie ab der hende /
von Gold ein fingerlein /
seh hin Fischer geselle /
das sol dein eigen sein.
 
20. Nun gesegen dich Vatter vnnd Mutter /
ich spring auch in den See /
es sol vmb meinet willen /
ertrincken kein Ritter mee.


Ein Hüpsch New Lied / zwischen zweyen burgen / da ist ein tieffer See / etc. Ein ander schön lied / freud und muth ist gar dahin […]. Gedruckt zu Nürnberg / bey Valentin Fuhrman [um 1580], S. [3–7].
DVA: Bl 1002


Editorische Anmerkung:
Die Flugschrift ist nach 1563 bei Valentin Fuhrman in Nürnberg gedruckt worden; die Datierung "um 1580" folgt den entsprechenden Angaben des Germanischen Nationalmuseums (Nürnberg) und der Bayrischen Staatsbibliothek (München).
Siehe auch DVM–Balladen, Bd. 1 (1935), Nr. 20 (Die Königskinder): Edition 2 (= Quelle Nr. 49), S. 197f. In der dortigen Edition sind die Strophen 3 und 4 wie folgt verändert:
Da schreib er jr herüber,
er künd wol schwimmen,
und bat sie da herwide,
sie wolt jm wol zünden.

Da schreib sie jm hinwider
ein freundlichen gruß
und bot jm da herwider,
sie wolt es gern thun.
Die Bearbeiter begründen ihre "Berichtigung" der Vorlage damit, dass dadurch "die Briefszene erst Sinn" gewinne (S. 210).

Die Ballade ist auch in einer zweiten Flugschrift aus dem 16. Jahrhundert erhalten: Zway hüpsche / newe Lieder: Das Erste / Zwischen zweyen Bürgen / da ist ein / etc. [… (der Rest des Titelblattes fehlt)] (DVA: Bl 2252; Reproduktion aus der Stadtbibliothek Bern). Dessen Textfassung ist mit dem Nürnberger Druck inhaltlich identisch. Hier folgt nach dem Liedtext noch folgender Sinnspruch:

"Wie wehe dem ist / der Liebe sucht / da keine ist."

(Dieses Sprichwort findet sich auch bei Justus Georg Schottel: Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache. Braunschweig 1663, S. 1128.)
last modified 17.02.2016 03:52
 

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