Edition D: Volksliedsammlung 1840 copied.
C. Weiß mir ein Blümli blaue
(Deutscher Liederhort 1894)
Text: anonym
Melodie: nach dem geistlichen Lied "Wer Gott will recht vertrauen"
Die Blumen. | ||
1. | Weiß mir ein Blümli blaue, | |
von himmelblauem Schein, | ||
es steht in grüner Aue | ||
und heißt Vergiß nit mein! | ||
Ich kunnt es nirgend finden, | ||
was mir verschwinden gar; | ||
von Reif und kalten Winden | ||
ist es mir worden fahl. | ||
2. | Das Blümli, das ich meine, | |
Ist brun, staht auf dem Ried, | ||
Von Art ist es so kleine | ||
Es heißt nun Hab mich lieb! | ||
Das ist mir abgemähet | ||
Wol in dem Herzen mein, | ||
Mein Lieb hat mich verschmähet, | ||
Wie mag ich fröhlich sein? | ||
3. | Das Blümli das ich meine | |
Das ist rosinenrot, | ||
Ist Herzenstrost genennet | ||
Auf breiter Heid es staht. | ||
Sein Farb ist ihm verblichen, | ||
Der Wolgemut hat verdorrt, | ||
Mein Lieb ist mir entwichen, | ||
Verloren han ich mein Hort. | ||
4. | Weiß mir ein Blümli weiße | |
Staht mir im grünen Gras, | ||
Gewachsen mit ganzem Fleiße, | ||
Das heißt nun gar Schabab; | ||
Dasselbig muß ich tragen | ||
Wol diesen Summer lang, | ||
Viel lieber wöllt ich haben | ||
Meins Buhlen Armumfang. | ||
5. | Der Rîf mit seinem Zeichen | |
Verderbt manchs Blümli zart | ||
Kann sich dem Klaffer schmeichen | ||
Mit ungetreuer Art; | ||
Wol auch nach diesem Summer | ||
Kummt uns der liechte Mai, | ||
Bringt uns die Blümli wieder | ||
Der Farben mancherlei. | ||
6. | Mein Herz das leit in Kummer, | |
Daß mein vergessen ist. | ||
So hoff ich auf den Summer | ||
Und auf des Maien Frist; | ||
Die Riefen sind vergangen | ||
Darzu der kalte Schnee, | ||
Mein Lieb hat mich umfangen, | ||
Das thut dem Klaffer weh. |
Deutscher Liederhort. Auswahl der vorzüglicheren Deutschen Volkslieder, nach Wort und Weise aus der Vorzeit und Gegenwart gesammelt und erläutert von Ludwig Erk. Nach Erk's handschriftlichem Nachlasse und auf Grund eigener Sammlung neubearbeitet und fortgesetzt von Franz. M. Böhme. Zweiter Band. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1894, S. 198f. (Nr. 387).
DVA: Allg 22, 4-2
Dort folgende Herkunftsangaben: "Text nach einem fl[iegenden] Bl[att] c. 1570 bei Uhland 54"; "Melodie bei Winnenberg, Christl. Reuterlieder, Straßb. 1582, Nr. 16, zum geistl. Liede: 'Wer Gott will recht vertrauen.'"
Editorische Anmerkung:
Böhme ging davon aus, dass die Weise des geistlichen Liedes "Wer Gott will recht vertrauen" ursprünglich einem weltlichen Text unterlegt war. So habe er auf der Suche nach einer "gleichalterige[n]" Melodie für "Weiß mir ein Blümli blaue" auch "nicht gezögert, die hübsche heitere Weise dem Blumenliede einstweilen zu eignen, bis Jemand noch ihren wirklichen Urtext auffindet." Ganz offensichtlich haben Böhme die zeitgenössischen Flugschriften niemals vorgelegen, in denen dieses Lied die Tonangabe "Ach Gott, wem soll ichs klagen" trug (z. B. Edition B). Der von Böhme als Quelle angegebene Uhland (s. Kommentar I. u. II.) unterschlug die Tonangabe seiner Editionsvorlage.
last modified
23.01.2013 01:29