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B. Weiß mir ein Blümly blawe
(Liedflugschrift 1563)
Text: anonym
Melodie: Ach Gott, wem soll ich's klagen
| Ein ander hüpsch Lied. | ||
| 1. | Weiß mir ein Blümly blawe / | |
| von Himmel blawem schyn / | ||
| es stadt vff grüner heyde / | ||
| es heißt vergiß nit myn / | ||
| das krut kondt ich nit finden / | ||
| was mir verschwunden gar / | ||
| von riffen vnd kalten winden / | ||
| ist es mir worden ful. | ||
| 2. | Das Blümly das ich meynen / | |
| ist brun stadt vff dem Ried / | ||
| von art so ist es kleine / | ||
| es heißt nun hab mich lieb / | ||
| das ist mir abgemäyet / | ||
| wol inn dem herzten myn / | ||
| Myn lieb han ich verloren / | ||
| wie mag ich dann frölich syn. | ||
| 3. | Das Blümly das ich meynen / | | [fol. A iij v] |
| das ist roßyen rott / | ||
| hertzen trost ist es genennet / | ||
| vff breyter heyd es stadt / | ||
| syn farb ist jm verblichen / | ||
| der wolgemutt hatt verdorrt / | ||
| myn lieb ist mir entwichen / | ||
| verloren han ich min hort. | ||
| 4. | Weiß mir ein Blümly wiße / | |
| gewachsen in grünem graß / | ||
| gewachsen mit gantzem flyße / | ||
| das heisset schabab / | ||
| daßsebig [sic] müß ich tragen / | ||
| gegen disem Sommer lang / | ||
| vil lieber wölt ich haben / | ||
| myns büllis arm vmmfang. | ||
| 5. | O Du myn Edler wolgemutt / | |
| wie fröuwest du mich so seer / | ||
| kein Blümly mir nie lieber ward / | ||
| zu eeren ich dinen begär / | ||
| ich begär dyn eygen zwerden / | ||
| biß an das ende myn / | ||
| halt mich in dinem wäsen / | ||
| hertz aller liebster myn. | ||
| 6. | Der Riff mitt synem zeychen / | |
| verderbt mengs blümly zart / | ||
| vnder den Klaffer kan er sich schmeichlen / | | [fol. A iiij r] | |
| mit andächtiger art / | ||
| wol nach disem Sommer / | ||
| kumpt vns der liechte Mey / | ||
| bringt vnns die Blümly wider / | ||
| der farben so mengerley. | ||
| 7. | Bringt vns die Blümly wider / | |
| brun / blaw / rott nach der zyt / | ||
| leyt mirs nit vß ein yeder / | ||
| wz yedes blümly bedütt / | ||
| myn hertz da lyt in kummer / | ||
| das myn vergässen ist / | ||
| so hoff ich vff den Sommer / | ||
| vnd vff deß Meyens frist. | ||
| 8. | Die Riffen sind vergangen / | |
| darzu der kalte Schnee / | ||
| myn lieb hatt mich vmbfangen / | ||
| das thut dem klaffer wee / | ||
| hertz lieb du darffst nit dencken / | ||
| das ich vn dir wöll lan / | ||
| von dir will ich nit wencken / | ||
| verdrüßts den klaffer schon. | ||
| 9. | Der Klaffer mit sym schwätzen / | |
| macht jrrig yderman / | ||
| thut die hertzen verhetzen / | ||
| wo er das gschicken | kan / | [fol. A iiij v] | |
| darumb darffst du nit sorgen / | ||
| biß mir nun vnderthan / | ||
| den abendt als den morgen / | ||
| solt Gott vor ougen han. | ||
| 10. | Der wirt dich dann wol füren / | |
| von ß Tüffels trug und list / | ||
| das mengklich muß gespüren / | ||
| das Gott dyn schirmer ist / | ||
| dem thu ghorsamme leysten / | ||
| biß in das Ende dyn / | ||
| send dir syn Heylgen Geyste / | ||
| Du must myn eygen syn. | ||
Zwey Hüpsche || nüwe Lieder / Das erst / || Ich reyt ein mal zu Braunschwyg || uß / etc. Das ander / Weiß mir ein || Blümly blawe / etc. In der wyß / || Ach Gott wäm soll ichs kla- || gen / etc. Bern: Samuel Apiario 1563, fol. A iij r–A iiij v.
DVA: Bl 4036 (Kopie; Original: Universitätsbibiothek Bern, Zentralbibliothek, Signatur: Rar fol. 1:242)
Editorische Anmerkung:
Nahezu identisch ist das Lied in einer um 1570 gedruckten Flugschrift enthalten (DVA: Bl 4298). Das lyrische Ich ist dort allerdings ein Mann, wie die Anrede in der 5. Strophe "Liebste" zeigt (statt, wie im vorliegenden Fall, "Liebster"). Weitere Unterschiede betreffen vor allem Wortschreibungen.
Worterklärungen:
(Str. 1. 6, 8) riff / Reif. (Str. 1) ful /faul. (Str. 2) brun / braun; Ried / Flurname für Rodungsgebiete; hab mich lieb / Habmichlieb, Zwerg-Primel. (Str. 3) roßyen rott / rosarot; hertzen trost / Herzenstrost, Borretsch (Heilpflanze bei – auch seelischen – Herzbeschwerden); wolgemutt / Wolgemut, Oregano (richtet nach mittelalterlicher Vorstellung erloschenen Lebensmut wieder auf). (Str. 4) schabab / Schabab, Schafgarbe (Blume der abgewiesenen Liebe). (Str. 6, 8, 9) Klaffer / Verleumder. (Str. 10) Tüffel / Teufel; mengklich / deutlich.
last modified
23.01.2013 10:57