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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder Leute höret die Geschichte (Robert Blum) Edition D: Wien-Version, Baden 1926
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D. So erzählte man von dieser Mordgeschichte

(Wien-Version, Baden 1926)


Text und Melodie: anonym

Scan der Editionsvorlage
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1. So erzählte man von dieser Mordgeschichte,
die sich zugetragen hat in Wien,
Robert Blum, der edle Freiheitskämpfer,
mit Hab' und Gut mußt' er zu Grunde gehn.
 
2. Des andern Morgens um die dritte Stunde
Da trat des Henkers Knecht herein,
Flüstert ihm beim hellen Mondenschein
Sein Todesurteil leis ins Ohr hinein.
 
3. Des Morgens um die sechste Stunde
Da öffnet sich das Brandenburger Tor.
Die Hand am Rücken festgebunden
Schritt Robert Blum mit stolzem Schritt hervor.
 
4. Ich frage nichts nach meinem jungen Leben,
Ich frage nicht nach Geld und nicht nach Gut.
Nur eines liegt mir schwer am Herzen,
Das ist mein vielgeliebtes, Weib, mein Kind. |[fol. v.]
 
5. Den Brief, den gebet meinem Freunde,
Den Ring, den gebet meiner Frau,
Und diese kleine goldene Uhre,
Die gebet Robert, meinem jüngsten Sohn.
 
6. Der erste Schuß traf in die Schläfe,
Der zweite in die kühle Brust.
So erschossen sie den allertreuesten,
Den edlen Freiheitskämpfer Robert Blum.


Aufgezeichnet aus mündlicher Überlieferung in Altsimonswald-Niederbrücke (Baden) durch Willibert Müller 1926; Gewährspersonen: Geschwister Wehrle.
DVA: A 81173

Rhythmische Abweichungen für die Strophen 2–4 sind in der Vorlage hinter die betreffenden Verse wie folgt notiert:

Abbildung Notensatz


Editorische Anmerkung:
Beim Aufzeichner Willibert Müller handelte es sich um eine damals im Deutschen Volksliedarchiv (Freiburg i. Br.) tätige studentische Hilfskraft (vgl. Fünfter Bericht über die Sammlung deutscher Volkslieder, April 1926 bis April 1927. Freiburg 1927, S. 15).

Vergleichsweise wenige Aufzeichnungen des Blum-Liedes lokalisieren die Geschehnisse in der (historisch richtigen) Stadt "Wien". In der Regel wird "Berlin" als Schauplatz genannt.
Noch auffälliger ist, dass selbst in jenen Versionen, die "Wien" im Text führen, gleichwohl das "Brandenburger Tor" in Str. 3 angeführt wird. Selbst im Roman des Wiener (!) Schriftstellers Jura Soyfer, lautet das Liedzitat "… da öffnet sich das Brandenburger Tor" (Jura Soyfer: So starb eine Partei. Romanfragment 1934–37. Zit. nach Jura Soyfer Werkausgabe. Band III. Wien 2003, S. 186.

Singulär erscheint in den überlieferten Aufzeichnungen des Blum-Liedes ein "Brigittenauer Tor", das die historische Hinrichtungsstätte in der Brigittenau bei Wien anklingen lässt. Dieses Tor wird jedoch im Liedtext weder Wien noch Berlin zugeordnet, sondern "unserer Stadt"; Aufzeichnung aus Zerbst (Anhalt) 1924, DVA: A 81695. Diese Aufzeichnung ist außerdem jenem Liedtyp zuzuordnen, der in unserem Kontext als Edition E geführt wird.
Bei weiteren Varianten zur Version von Edition E erscheinen auch die Bezeichnungen "Brückenauer Tor" (Sachsen, A 131612), "Brückenburger Tor" (Sachsen, A 119134) oder "Brigettes Mauerthor" (Schlesien, A 55620), ohne dass in diesen Aufzeichnungen eine konkrete Stadt genannt wird.

Liedaufzeichnungen, in denen "Wien" als Schauplatz genannt wird, liegen ebenfalls in verschiedenen Versionen vor. Auch hier fällt die starke sprachliche Varianz ins Auge, wie sie für die mündliche Tradierung typisch ist, ohne jedoch zu nennenswerten inhaltlichen Unterschieden zu führen (siehe Variantenvergleich Ed. D). Besonders köstlich ist dabei die Abschrift aus einem handschriftlichen Liederbuch, in dem das Ende des Liedes lautet: "und so erschoß man den treuen Freiheitskämpfer, den größten Mädchen-Räuber aus Paris".
last modified 21.12.2011 10:22
 

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