C. Auf, auf, und hört die Jeschichte
(Parodie 1848)
Text: Adolf Glaßbrenner (1810–1876)
1. | Auf, auf, und hört die Jeschichte | |
So jroß un wunderlich, | ||
Die ich euch hier berichte | ||
Von Wien un Metternich! | ||
Schön Oestreich lag in Ketten | ||
Verfluchter Tyrannei; | ||
Man jlaubte, daß zu retten | ||
Halt nimmermehr es sei. | | [S. 31] | |
2. | Der jute, jute Kaiser, | |
Er saß auf seinen Thron; | ||
Er war ein juter Kaiser, | ||
Sein Vater war es schon. | ||
Er saß und er jeruhte | ||
Zu hören seinen Rath; | ||
So kam es, deß der Jute | ||
Niemals was Böses dhat. | ||
3. | Jedoch der Metternichel | |
War wie ein Fuchs so klug; | ||
Er dacht', den deutschen Michel | ||
Fängst du mit List un Trug. | ||
Un ob die Völker dürsten | ||
Nach Freiheit, dummes Zeug! | ||
Ich mache blos die Fürsten | ||
Jroßmächtig, stark un reich! | ||
4. | So spann er seine Netze | |
Wohl über alles Land, | ||
und trieb mit seiner Hetze | ||
Hinaus, was widerstand, | ||
Und was nich wollte flüchten, | ||
weil es im Rechte war, | ||
Das ließ er frech vernichten | ||
Durch seine Henkerschaar! | | [S. 32] | |
5. | Ach, Deutschlands schönste Blüthen | |
Hat Er im Keim erstickt, | ||
Mit Pfiffen, Ränken, Wüthen, | ||
Die schönste Kraft erdrückt, | ||
Das Herrscherthum jemästet | ||
Zum dollsten Uebermuth, | ||
Mit Pfaffengift verpestet | ||
Des Volkes Jeist un Blut. | ||
6. | Un enger, immer enger | |
Zieht er die Ketten an: | ||
Hallunke, wer Das länger, | ||
Wer's noch ertragen kann! | ||
Das Volk in edlem Grimme | ||
Erscheint an seinem Dhor, | ||
Un singt mit starker Stimme | ||
Ihm diese Arie vor: | ||
7. | "Frisch auf, zum fröhlichen Jagen! | |
Nun ist es an der Zeit! | ||
Nun fängt es an zu tagen | ||
Flieh, Kanzler, schnell un weit! | ||
Hinaus, du Missethäter, | ||
Du sanfter Wütherich! | ||
Hinaus, du Volksverräther | ||
Durchlaucht von Metternich!" | | [S. 33] | |
8. | Drauf drangen sie in Eile, | |
Hurrah! in sein Palais; | ||
Doch er vermuthet Keile | ||
Un sagt sehr schnell Atje! | ||
Durch's Fenster nach den Jarten | ||
Da is er ausjerückt; | ||
Janz ohne abzuwarten | ||
Hat er sich sehr jedrückt. | ||
9. | Aufjing die Sonne der Freiheit | |
Durch Oestreichs lange Nacht; | ||
Die lichte, joldene Neuheit | ||
Hat Wien confus jemacht; | ||
Bald tobt's mit wildem Schalle, | ||
Bald herzen, küssen sie sich, | ||
Dir aber fluchen sie Alle: | ||
Durchlaucht von Metternich! | ||
10. | So, Fürstenlump, so fliehst du! | |
Kein Seufzer folgt dir nach! | ||
Ein ewiger Jude, ziehst du | ||
Umher mit deiner Schmach! | ||
Und wer uns wie du will plagen | ||
Der packe bei Zeiten sich: | ||
Frisch auf, zum fröhlichen Jagen | ||
Auf den letzten Metternich! |
Ad. Brennglas [d. i. Adolf Glaßbrenner]: Berlin wie es ist und – trinkt. 29. Heft: Das neue Europa im Berliner Guckkasten. Leipzig: Ignaz Jackowitz 1848, S. 30–33.
DVA: L 2/2122, a-2
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10.10.2012 10:52