A. HErtzliebster Jesu, was hastu verbrochen
(Johann Heermann 1630)
Text: Johann Heermann (1585–1647)
| Vrsache des bittern Leidens Jesu Christi | ||
| vnd Trost aus seiner Lieb und Gnade: Aus Augustino. | ||
Im Thon: Geliebten Freund, was thut jhr so verzagen? etc. | ||
| 1. | HErtzliebster Jesu, was hastu verbrochen, | |
| Daß man ein solch scharff Vrtheil hat gesprochen? | ||
| Was ist die Schuld? In was für Missethaten | ||
| Bistu gerathen? | ||
| 2. | Du wirst gegeisselt vnd mit Dorn gekrönet, | |
| Ins Angesicht geschlagen vnd verhönet; | ||
| Du wirst mit Essig vnd mit Gall getrencket, | ||
| Ans Creutz gehencket. | ||
| 3. | Was ist doch wol die Vrsach solcher Plagen? | |
| Ach meine Sünden haben dich geschlagen. | ||
| Ach HERR JESV, ich hab diß wol verschuldet, | ||
| Was du erduldet. | ||
| 4. | Wie wunderbarlich ist doch diese Straffe! | |
| Der gute Hirte leidet für die Schafe. | ||
| Die Schuld bezahlt der HERRE, der Gerechte, | ||
| Für seine Knechte. | ||
| 5. | Der Frome stirbt, der recht vnd richtig wandelt, | |
| Der Böse lebt, der wider Gott mißhandelt. | ||
| Der Mensch verwirckt den Tod vnd ist entgangen, | ||
| Gott wird gefangen. | | [S. 285] | |
| 6. | Ich war von Fuß auff voller Schand vnd Sünden, | |
| Biß zu der Scheitel war nichts guts zu finden. | ||
| Dafür hett ich dort in der Helle müssen | ||
| Ewiglich büssen. | ||
| 7. | O grosse Lieb, O Lieb ohn alle masse, | |
| Die dich gebracht auff diese Marterstrasse! | ||
| Ich lebte mit der Welt in Lust vnd Frewden, | ||
| Vnd du must leiden! | ||
| 8. | Ach grosser König, gros zu allen Zeiten, | |
| Wie kan ich gnugsam solche Trew außbreiten? | ||
| Keins Menschen Hertz vermag es außzudencken, | ||
| Was dir zu schencken. | ||
| 9. | Ich kans mit meinen Sinnen nicht erreichen, | |
| Womit doch dein Erbarmung zu vergleichen. | ||
| Wie kan ich dir denn deine Liebesthaten | ||
| Im Werck erstatten? | ||
| 10. | Doch ist noch etwas, das dir angenehme: | |
| Wann ich des Fleisches Lüsten dempff vnd zehme, | ||
| Daß sie auffs new mein Hertze nicht entzünden | ||
| Mit alten Sünden. | ||
| 11. | Weils aber nicht besteht in eignen Kräfften, | |
| Fest die Begierden an das Creutz zu hefften, | ||
| So gib mir deinen Geist, der mich regiere, | ||
| Zum guten führe. | ||
| 12. | Alsdann so werd ich deine Huld betrachten, | |
| Aus Lieb an dich die Welt für nichtes achten; | ||
| Bemühen werd ich mich, HERR, deinen Willen | ||
| Stets zu erfüllen. | ||
| 13. | Ich werde dir zu Ehren alles wagen, | |
| Kein Creutz nicht achten, keine Schmach vnd Plagen, | ||
| Nichts von Verfolgung, nichts von Todes-Schmerzen | ||
| Nehmen zu Hertzen. | ||
| 14. | Diß alles, obs zwar für schlecht ist zu schetzen, | |
| Wirstu es doch nicht gar beyseite setzen. | ||
| Zu Gnaden wirstu diß von mir annehmen, | ||
| Mich nicht beschämen. | | [S. 286] | |
| 15. | Wann, HERRE JESV, dort für deinem Throne | |
| Wird stehn auff meinem Häupt die Ehrenkrone, | ||
| Da wil ich dir, wann alles wird wol klingen, | ||
| Lob vnd Danck singen. | ||
DEVOTI MUSICA CORDIS. Hauß- vnd Hertz-Musica. Das ist: Allerley geistliche Lieder […] Durch Johann. Heermannum, Pfarrn zu Köben. Leipzig 1630, S. 63. Zit. nach: Das deutsche evangelische Kirchenlied des siebzehnten Jahrhunderts. Von D. Albert Fischer. Nach dessen Tode vollendet und hrsg. von W. Tümpel. Bd. 1. Gütersloh 1904, S. 284ff. (Nr. 334).
DVA: V 2/750-1
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08.07.2009 08:58