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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder Gute Nacht, du Sündenleben Edition A: Wolgaregion 1914
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A. Gute Nacht, du Sündenleben

(Wolgaregion 1914)


Text: anonym

Scan der Editionsvorlage
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Der Falschmünzer.

1. Gute Nacht, du Sündenleben,
Gute Nacht, du eitle Welt!
Dir will ich den Abschied geben,
Weil ich machte falsches Geld.
 
2. Hätte ich in meiner Jugend,
Liebe Eltern, euch gefolgt!
Keine Schuld darf ich euch geben,
Denn ich habe nicht gewollt.
 
3. Lieber Bruder, was du denkest,
Daß du mich verraten hast!
Jetzt wirst du dich selber kränken,
Weil ich trage große Last.
 
4. Weil ich trage große Schmerzen,
Bist du schuld an Spott und Pein.
Doch verzeih ich dir von Herzen
Deinen Zorn, o Bruder mein.
 
5. Nun ade, du falsche Seele,
du bist ja wie Kain war,
Der auch seinen Bruder Abel
Totgeschlagen ganz und gar.
 
6. Liebe Eltern, eure Klage
Ist für mich der härtste Stich;
Meiner Gattin muß ich sagen:
Lebe wohl und denk an mich!


J[ohannes] E[rbes], P[eter] S[inner]: Volkslieder und Kinderreime aus den Wolgakolonien. Ssaratow 1914, Nr. 192, S. 178, 241. Gewährsperson: Jakob Stenzel, Kolonie Hussenbach.
DVA: V 1/3090


Editorische Anmerkung:
Dieser Liedtext erscheint dort im 9. Kapitel "Vermischte Lieder und kleinere Bruchstücke". Peter Sinner druckt ihn in einem 1922 erschienen Aufsatz (Ein ethnographisches Konzert. In: Wolgadeutsche Monatshefte 1 (1922), S. 16-18) nochmals identisch ab. In ihren Anmerkungen (S. 241) kommentieren Erbes und Sinner die Entstehung des Liedes folgendermaßen:

"– fast überall bekannt als 'das Lied vom falschen Geldschläger'. Es mag wohl in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts in unseren Kolonien entstanden sein. In jener Zeit nämlich soll viel falsches Geld in den Kolonien geprägt und angefertigt worden sein, namentlich in Balzer. Am Torgun war ein Hauptabsatzgebiet die[s]es falschen Geldes an die Kirgisen. Der selige Probst Blum erzählte einmal, daß ihm daselbst im Kreisamte bei der Auszahlung seines Gehalts einmal ein ganzer Packen falscher 3-Rubel-Scheine hergegeben worden sei. Da er aber dieses Geld bereits schon genug kennen gelernt hatte, so bat er um anderes Papiergeld. Kaltblütig seien die falschen Scheine wieder zurückgenommen und ihm anderes Geld ausgezahlt worden.
Unser Lied nun besingt den Schmerz eines solchen Falschmünzers, angeblich in Balzer, der wegen seiner Falschmünzerei vom leiblichen Bruder bei der Polizei angezeigt worden sein soll. Er wurde ertappt und nach erlittener Strafe nach Sibirien verbannt."

Diese Ausführungen sind in paraphrasierter Form in allen bislang bekannten Publikationen, in denen dieses Lied erwähnt wird, wiedergegeben – in der Regel jedoch unter Auslassung des Konjunktivs und sämtlicher vorsichtig einschränkender Formulierungen, die sich bei Erbes und Sinner finden:
  • Georg Schünemann: Das Lied der deutschen Kolonisten in Russland, München: Drei Masken 1923, S. 18, 410 (s. Edition B));
  • Viktor Schirmunski: Das kolonistische Lied in Rußland. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 37/38 (1927/28), S. 182-215 (dort S. 189f.);
  • S. Potulowa: Armut und Reichtum im wolgadeutschen Volkslied. In: Teuthonista 3 (1926/27), S. 165-170, 262-274 (dort S. 269);
  • Thomas Kopp: Rußlanddeutsches Liederbuch. Buenos Aires 1937, S. 71f. (s. Edition D).
last modified 27.12.2010 11:47
 

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