C. Annchen von Tharau ist, die mir gefällt
(Vertonung Johann Friedrich Reichardt 1798)
Text: Simon Dach (1605–1659) zugeschrieben
Musik: Johann Friedrich Reichardt (1752–1814)
Annchen von Tharau. | ||
Aus dem Preussischen Plattdeutsch. | ||
1. | Annchen von Tharau ist, die mir gefällt; | |
Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld. | ||
2. | Annchen von Tharau hat wieder ihr Herz | |
Auf mich gerichtet in Lieb' und in Schmerz. | ||
3. | Annchen von Tharau, mein Reichthum, mein Gut, | |
Du meine Seele, mein Fleisch und mein Blut. | ||
4. | Käm' alles Wetter gleich auf uns zu schlahn, | |
Wir sind gesinnt bei einander zu stahn. | ||
5. | Krankheit, Verfolgung, Betrübniss und Pein, | |
Soll unsrer Liebe Verknotigung sein. | | [S. 33] | |
6. | Recht als ein Palmenbaum über sich steigt, | |
Je mehr ihn Hagel und Regen anficht; | ||
7. | So wird die Lieb' in uns mächtig und gross | |
Durch Kreuz, durch Leiden, durch allerlei Noth. | ||
8. | Würdest du gleich einmal von mir getrennt, | |
Lebtest, da wo man die Sonne kaum kennt; | ||
9. | Ich will dir folgen durch Wälder, durch Meer, | |
Durch Eis, durch Eisen, durch feindliches Heer. | ||
10. | Annchen von Tharau, mein Licht, meine Sonn, | |
Mein Leben das schliess' ich um deines herum. | ||
11. | Was ich gebiete, wird von dir gethon, | |
Was ich verbiete, das lässt du mir stahn. | ||
12. | Was hat die Liebe doch für ein Bestand, | |
Wo nicht Ein Herz ist, Ein Mund, Eine Hand? | ||
13. | Wo man sich peiniget, zanket und schlägt, | |
Und gleich den Hunden und Katzen beträgt? | | [S. 34] | |
14. | Annchen von Tharau, das woll'n wir nicht thun; | |
Du bist mein Täubchen, mein Schäfchen, mein Huhn! | ||
15. | Was ich begehre, ist lieb dir und gut; | |
Ich lass den Rock dir, du lässt mir den Hut! | ||
16. | Diess ist uns Annchen die süsseste Ruh, | |
Ein Leib und Seele wird aus Ich und Du. | ||
17. | Diess macht das Leben zum himmlischen Reich, | |
Durch Zanken wird es der Hölle wohl gleich. |
Johann Friedrich Reichardt: Wiegenlieder für gute deutsche Mütter. Leipzig [1798], S. 32-34 (Nr. XVII).
DVA: V 9/1490
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08.07.2009 08:57