Edition d: Mecklenburg um 1900 copied.
d.
(Mecklenburg um 1900)
Schlaf, mein kind, schlaf, schlaf leis', | ||
draussen geht der Preuss', | ||
und wer nicht schläft in guter ruh, | ||
dem drückt der Preuss' die augen zu; | ||
den vater haben sie umgebracht, | ||
die mutter haben sie arm gemacht, | ||
schlaf, mein kind, schlaf, schlaf leis'. |
d. Mündlich überlieferte Textfassung aus der Wittenburger Gegend.
Alle in: Richard Wossidlo: Mecklenburgische Volksüberlieferungen. Band 3: Kinderwartung und Kinderzucht. Wismar: Hinstorff'sche Hofbuchhandlung 1906, S. 10 (Nr. 27.a.–d.).
DVA: V 1/25626–3
Editorische Anmerkung:
Richard Wossidlo hat die Aufzeichnungen für diesen Band nach eigenem Bekunden vor allem in den Jahren 1900–1902 zusammengetragen. Im Anhang des Buches berichtet Wossidlo in einer Anmerkung zu diesen Quellen noch von einer weiteren Strophe:
"Ein alter Arbeiter in Wismar, der 1848 den Feldzug nach Baden mitgemacht hat, hatte seiner Tochter folgendes Wiegenlied diktiert, das er in Baden gehört haben will:
Schlaf, kindchen, schlaf ein,
da draussen ist der feind,
wo dein vater liegt mein schatz,
da hat so mancher Preusse platz
Der Alte gab dazu die Erklärung: der Platz, wo der Vater liege, sei das Grab, die Mutter wünsche allen Preussen den Tod." (S. 282)da draussen ist der feind,
wo dein vater liegt mein schatz,
da hat so mancher Preusse platz
Wossidlo notierte dazu: "So sonst nicht bekannt". Ihm war das "Badische Wiegenlied" offenbar nicht bekannt und daher brachte er diese Verse im Folgenden in Zusammenhang mit anderen mecklenburgischen Redewendungen, die Vorbehalte gegenüber Preußen zum Ausdruck bringen; z. B.:
— Leise, kindlein, leise, sonst kommt der böse Preusse
— Wat ik an de Preussen doh, ward mi gott belohnen
— Dee is preußsch gesunnen (= dem ist nicht zu trauen)
— He is hüüt so preußsch (= nicht gut bei Laune)
— Du rädst preußsch (= forderst einen zu hohen Preis)
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31.08.2011 02:03