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You are here: Home Lieder Schlaf mein Kind schlaf leis Edition B: Vertonung um 1850
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B. Schlaf', mein Kind, schlaf' leis

(Vertonung um 1850)


Text: Ludwig Pfau (1821–1894)
Musik: anonym

Scan der Editionsvorlage
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Badisches Wiegenlied

1. Schlaf' mein Kind schlaf' leis',
dort draussen geht der Preuss',
deinen Vater hat er umgebracht
deine Mutter hat er arm gemacht,
und wer nicht schläft in guter Ruh',
dem drückt der Preuss' die Augen zu.
Schlaf' mein Kind schlaf' leis',
dort draussen geht der Preuss'!
 
2. Schlaf' mein Kind schlaf' leis',
dort draussen geht der Preuss',
der Preuss' hat eine blut'ge Hand
die streckt er über's bad'sche Land,
wir alle müssen stille sein,
als wie dein Vater unter'm Stein[.]
Schlaf' mein Kind schlaf' leis',
dort draussen geht der Preuss'!
 
3. Schlaf' mein Kind schlaf' leis,
dort draussen geht der Preuss'!
Gott aber weiss wie lang er geht
bis dass die Freiheit aufersteht
und wo dein Vater liegt mein Schatz
da hat noch mancher Preusse Platz!
Schrei mein Kindlein schrei's:
dort draussen liegt der Preuss'!


Badisches Wiegenlied. Für eine Singstimme mit Begleitung des Piano-Forte. Gedruckt bei E. Lemaître, Spießgasse 22, Straßburg [1849].
DVA: Ph 4/6 (Original: Bibliothèque de la Ville de Strassbourg, A 13.824 [um 1850]).

Der Notendruck erschien mit der Anmerkung auf dem Deckblatt: "Zum Besten deutscher politischer Flüchtlinge".


Editorische Anmerkung:
Takt 2 (Text): in der Vorlage "der'".
Takt 2 (Klavier, linke Hand): letzte Note in der Vorlage irrtümlich Sechzehntel.
Takt 3 (Stimme): sechste Note in der Vorlage Achtel (statt Sechzehntel; vgl. Klavierstimme).
Takt 4 (Stimme): letzte Note in der Vorlage irrtümlich Achtel.
Takt 5 (Text): in der Vorlage "in'".
Takt 5 (Klavier, linke Hand): dritter Klang in der Vorlage fälschlich F:e.
Takt 8 (Stimme): Pause in der Vorlage irrtümlich punktierte Achtel.
Takt 8 (Klavier, rechte Hand): letzte Pause in der Vorlage irrtümlich Achtel.
Takt 9 (Klavier, linke Hand): letzte Note in der Vorlage irrtümlich Achtel.
Takt 16 (Klavier, rechte Hand): in der Vorlage vor dem Schlussklang irrtümlich eine Sechzehntelpause zuviel.

Zur Datierung des Notendrucks: Moßmann/James (1983) vertreten die These, dass es sich dabei um den Erstdruck auch des Textes vom "Badischen Wiegenlied" handle. Sie vermuten, dass Pfau ihn nach seiner Flucht in die Schweiz (12. Juli 1849) zunächst in dieser Fassung mit drei Strophen geschrieben habe, dass er dann umgehend vertont und in Straßburg im Spätsommer oder Herbst 1849 gedruckt worden sei. Für die (so gesehen: spätere) Veröffentlichung des Textes im "Eulenspiegel" (Dez. 1849) habe Pfau dann noch eine weitere "unter dem Eindruck der Erschießungen in Rastatt" entstandene Strophe ergänzt. Diese Interpretation nimmt die Strophenanzahl als Ausgangspunkt, versucht eine Erklärung anzubieten, weshalb die dritte Strophe des "Eulenspiegel" im Notendruck fehlt, und leitet davon die Datierung ab; vgl. Barbara James, Walter Moßmann: Glasbruch 1848. Flugblätter und Dokumente einer zerbrochenen Revolution. Darmstadt/Neuwied 1983, S. 134f.
Unserer Datierung "um 1850" liegen folgende Überlegungen zugrunde:
— Das einzig sichere Datum zur Frühgeschichte dieses Liedes ist seine Veröffentlichung im "Eulenspiegel" am 8. Dezember 1849 (s. Edition A).
— Dass der Notendruck bereits zuvor herausgebracht worden ist, scheint uns unwahrscheinlich, wenn man den dafür notwendigen Produktionsablauf (Vertonung, Notenstich, Zeichnung des Titelblattes, Druck) bedenkt, der sich unter den Bedingungen von Flucht und politischem Exil vermutlich noch zeitaufwändiger gestaltet hat.
— Auch die Vermutung, dass Pfau die dritte Strophe erst später ergänzt habe, scheint zweifelhaft, wenn man bedenkt, dass die Festung Rastatt bereits am 23. Juli 1849 gefallen und damit die endgültige Niederschlagung der Revolution besiegelt war. Ebenso legt der Liedinhalt nahe, dass die Rastatt-Verse von Anfang an dabei waren: Denn gerade das Trauma Rastatt dürfte für die in der letzten Strophe artikulierten Rache-Gefühle der wichtigste Bezugspunkt gewesen sein.
— Es kommt häufig vor, dass beim Druck von Gedichtvertonungen Strophen wegfallen, somit fällt es schwer, hieraus eine spezifische Konstellation abzuleiten.
Deswegen neigen wir zu der Ansicht, dass der in Straßburg publizierte Notendruck erst nach der Veröffentlichung des Gedichtes im "Eulenspiegel" erschienen ist, vermutlich erst 1850.
last modified 16.08.2010 08:34
 

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