Skip to content. Skip to navigation

Liederlexikon

Personal tools
You are here: Home Lieder In stiller Nacht, zur ersten Wacht Edition A: Passionslied Friedrich Spee 1649
Document Actions

A. Bey stiller Nacht zur ersten Wacht

(Passionslied Friedrich Spee 1649)


Text: Friedrich Spee (1591–1635)
Melodie: anonym
 





        Trawrgesang von der
      Noth Christi am Oelberg
           in dem Garten.

1. Bey stiller Nacht
Zur ersten Wacht
   Ein Stimm sich gund zu klagen.
Jch nahm in acht,
Was die dan sagt;
   That hinn mitt augen schlagen.
 
2. Ein junges Blut
Von Sitten gut
   Alleinig ohn geferdten
Jn grosser noth
Fast halber tod
   Jm Garten lag auff Erden. |[S. 183]
 
3. Es war der liebe Gottes Sohn
   Sein Haupt er hatt in Armen,
Vil weiß, vnd bleicher als der Mon,
   Ein Stein es mögt erbarmen.
 
4. Ach Vatter, liebster Vatter mein,
   Vnd muß den Kelch ich trincken?
Vnd mags dan ja nitt anders sein?
   Mein Seel nitt laß versincken.
 
5. Ach liebes kind,
Trinck auß geschwind;
   Dirs laß in trewen sagen:
Sey wol gesinnt,
Bald vberwind,
   Den handel mustu wagen.
 
6. Ach Vatter mein,
Vnd kans nitt sein?
   Vnd muß  ichs ie dan wagen?
Wil trincken rein
Den Kelch allein
   Kann Dirs ia nitt versagen.
 
7. Doch Sinn, vnd mut
Erschrecken thut,
   Sol Jch mein leben lassen?
O bitter Tod!
Mein angst, vnd noth
   Jst vber alle massen.
 
8. Maria zart
Jun[g]frewlich art,
   Solt Du mein schmertzen wissen;
Mein Leyden hart,
Zu dieser fahr[t],
   Dein Hertz wär schon gerissen. |[S. 184]
 
9. Ach mutter mein,
Bin ja kein Stein;
   Das Hertz mir dörfft zerspringen:
Sehr grosse pein,
Muß nehmen ein,
   Mitt Tod, vnd Marter ringen.
 
10. Adè, adè zu guter Nacht,
   Maria Mutter mildte.
Jst niemand der dan mitt mir wacht,
   Jn dieser Wüsten wilde?
 
11. Ein Creutz mir vor den augen schwebt,
   O wee der Pein, vnd Schmertzen!
Dran soll ich Morgen wern erhebt,
   Das greiffet mir zum Hertzen.
 
12. Vil Ruten, Geissel, Scorpiòn
   Jn meinen Ohren sausen:
Auch kompt mir vor ein dörnen Cron,
   O Gott wen wolt nitt grausen!
 
13. Zu Gott ich hab geruffen zwar,
   Auß tieffen todtes banden:
Dennoch ich bleib verlassen gar.
   Jst hilff, noch trost verhanden.
 
14. Der schöne Mon
Will vndergohn,
   Für Leyd nitt mehr mag scheinen:
Die Sternen lan
Jhr glitzen stahn,
   Mitt Mir sie wollen weinen. |[S. 185]
 
15. Kein Vogelsang
Noch Frewdenklang
   Man höret in den Lufften;
Die wilden Thier,
Auch trawren mitt mir,
   Jn Steinen, vnd in Klufften.


Friedrich Spee: Trutz-Nachtigall [1649]. Hrsg. von Theo G. M. van Oorschot. Bern: Francke 1985 (Friedrich Spee: Sämtliche Schriften. Historisch-kritische Ausgabe, Bd. 1), S. 182–185 (Text) und S. 573 (Reproduktion der Melodie aus "Trutz-Nachtigall"); die Edition der Melodie hier nach: "Ausserlesene, catholische, geistliche Kirchengesäng". Ein Arbeitsbuch. Hrsg. von Theo G. M. van Oorschot. Tübingen u. Basel: A. Francke Verlag 2005 (Friedrich Spee: Sämtliche Schriften. Historisch-kritische Ausgabe, Bd. 4), S. 587 (Melodie 3).


Editorische Anmerkung:
Mit dem Incipit "Bey finster Nacht zur ersten Wacht" und anderen Melodien, die sich nicht durchgesetzt haben, erschien Spees Lied bereits in den Gesangbüchern "Liebliche Kinder Cythar" (Köln 1632) sowie "Geistlicher Psalter" (Köln 1638).
 
last modified 25.06.2013 11:45
 

nach oben | Impressum