Skip to content. Skip to navigation

Liederlexikon

Personal tools
You are here: Home Lieder Ich bin ein guter Untertan Edition B: Melodieadaption 1967
Document Actions

B. Ich bin ein guter Untertan

(Melodieadaption 1967)


Text: Adolf Glaßbrenner (1810–1876)
Melodie: anonym ("Wenn mein Pfeifchen dampft und glüht")
 





Der gute, stammelnde Untertan

1. Ich bin ein guter Untertan,
das leidet keinen Zweifel.
Mein Fürst, das ist ein frommer Mann,
o, wär er doch beim teu – ren Volke immer,
so würd' es niemals schlimmer.
 
2. Wir haben ihn wohl oft betrübt,
doch nimmermehr belogen.
Er sagte, daß er uns geliebt,
und hat uns doch betro – ffen oft auf Taten,
Die er uns nicht geraten.
 
3. Die Staatsbeamten taten recht,
sie wahrten seine Rechte,
und der war ihm der liebste Knecht,
der sich recht viel erfre – eulich zu uns neigte,
und Mitleid uns bezeugte. |[S. 231]
 
4. Den Schwur, so er geleistet hat,
Erfüllung alles dessen,
was seine Pflicht an Gottes Statt,
den hat er ganz verge – bens halten wollen,
es hat nicht glücken sollen.
 
5. Du Polizei, die dazu da,
das wilde Volk zu zügeln,
dich möchte ich nur einmal ja,
so recht von Herzen prü – fen und dich fragen,
wer über dich könnt' klagen.
 
6. Ihr Ritter des Philistertums
und ihr gelehrte Raben
am Friedenshof des Altertums,
o, laßt euch doch begr – eiflich alle machen,
wie sehr wir euch bewachen.
 
7. Ihr Mönche, vornehm, schwarz und weiß,
das Volksglück, das verpuffte,
wird eurer steten Mühe Preis,
denn ihr seid große schu – lgerechte Lehrer
und fleißige Bekehrer.
 
8. Ihr Stolzen, ihr im deutschen Land
vom Rheine bis nach Polen,
ihr seid mir durch und durch bekannt,
euch soll der Kuckuck ho – hes Alter melden,
euch weisen Friedenshelden.


Es wollt ein Bauer früh aufstehn ... 222 Volkslieder. Herausgegeben und bearbeitet von "Zupfgeigenhansel" Thomas Friz und Erich Schmeckenbecher. Dortmund: Verlag "pläne" 1978, S. 230f.
DVA: V 1/4165

Dort folgender Kommentar zum Lied: "Die Wahrheit über die gesellschaftlichen Zustände zu sagen – und doch nicht auszusprechen, gelang dem Berliner Journalisten Adolph Glaßbrenner mit diesem Untertanenlied in 'Sklavensprache'. Glaßbrenner hatte selbst ständig 'Ärger' mit den Behörden, wurde als Journalist mit Berufsverbot belegt, man entließ sogar seine Frau, die Schauspielerin war, weil sie mit dem berüchtigten 'Aufwiegler' verheiratet war."


Editorische Anmerkung:
Die Adaption der Melodie von "Wenn mein Pfeifchen dampft und glüht" zu Glaßbrenners Text "Ich bin ein guter Unterthan" geht auf Peter Rohland zurück und findet sich auf seiner Schallplatte "Lieder deutscher Demokraten" (1967). Rohland war der erste Interpret, der Glaßbrenners Verse als Lied wiederbelebte. Bei seiner Melodiewahl bezog er sich vermutlich auf die wegweisende Edition "Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten" von Wolfgang Steinitz (siehe dazu editor. Anm. zu Edition A): Dort findet man den Text des "guten Untertanen" im Anschluss an das Lied "Wohl dem, der für Dummheit glüht" (Nr. 202a), dem Steinitz – nach einem handschriftlichen Liederbuch von Karl Guthmann (1856/57) – die Melodie von "Wenn mein Pfeifchen dampft und glüht" zuordnet. Da beide Lieder ("Dummheit" und "Untertan") fast das gleiche Versschema und den gleichen Rhythmus besitzen und Steinitz zudem beide Lieder aus der Guthmann-Handschrift unter einer Liednummer aufführt, hat Peter Rohland offensichtlich die zum "Dummheit"-Lied angegebene "Pfeifchen"-Melodie kurzerhand auch dem Text "Ich bin ein guter Untertan" unterlegt.
In der Folgezeit haben weitere Interpreten diese Text-Musik-Kombination von Peter Rohland übernommen; in dieser Version erschien das Lied auch in dem damals recht populären Liederbuch "Es wollt ein Bauer früh aufstehn" des Folk-Duos "Zupfgeigenhansel". Auch Reinhard Hippen übernahm diese historisch gesehen falsche Zuordnung in seinem 1978 erschienenen Aufsatz über "Ich bin ein guter Untertan" (In: Folk Magazin, Nr. 3, Juni 1978, S. 42–46).
last modified 23.11.2011 01:44
 

nach oben | Impressum