B. Es wollt' ein Vogel Hochzeit machen
(Mündliche Überlieferung 1839)
Text und Melodie: unbekannt
1. | Es wollt' ein Vogel Hochzeit machen | |
in dem grünen Walde. | ||
Didirallala, didirallala, didiralla, ralla la | ||
2. | Die Drossel war der Bräutigam, | |
die Amsel war die Braute. Didi usw. | ||
3. | Die Lirche, die Lirche, | |
führt die Braut zur Kirche. | ||
4. | Der Stiglitz, der Stiglitz | |
brŏcht d'r Braut a Hochzeitssitz. | ||
5. | Der Sperling, der Sperling | |
brŏcht d'r Braut a Fingerring. | ||
6. | Die Taube, die Taube, | |
brŏcht d'r Braut die Haube. | ||
7. | Die Finke, die Finke | |
brŏcht d'r Braut zu Trinke. | ||
8. | Der Sturch mit seinem langen Schnåbl | |
brŏcht d'r Braut doas Mass'r und Goab'l. | ||
9. | Die Gänse und die Enten, | |
wor'n die Herrn Musikanten. | ||
10. | Der Wiedehupp, der Wiedehupp, | |
(der) brŏcht d'r Braut a Küchatupp. | ||
11. | Die Dohle, die Dohle, | |
soat sie hätt' an hole. | ||
12. | Die Kroe, die Kroe, | |
soat sie hätt' an groe. | ||
13. | Die Schwolbe, die Schwolbe, | |
soat sie hätt' an holbe. |
Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung am 16. April 1839 durch "Lehrer Jakob" in Liebichau (Schlesien). Nachlass Ludwig Erk (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz). Bd. 3, S. 435, Nr. 1.
DVA: E 1737
Dort folgende Herkunftsangabe: "16. April 1839 aufgenommen. Wird in Liebichau (in der Mitte zwischen Haynau und Bunzlau) gesungen. […] Vom Lehrer Jacob aus Konradsdorf."
Editorische Anmerkung:
Die Melodie, mit welcher das Lied von der "Vogelhochzeit" heute bekannt ist, findet sich erstmalig in der hier edierten Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung. Der seinerzeit als Musiklehrer am Königlichen Seminar für Stadtschulen in Berlin tätige Volksliedsammler Ludwig Erk erhielt diesen Liedbeleg von einem seiner Zuträger, einem Kollegen aus Schlesien, und fertigte davon eine Abschrift an, die er u. a. durch einige Hinweise seines Korrespondenten hinsichtlich Bedeutung, Aussprache oder Schreibung einzelner Wörter im schlesischen Idiom ergänzte: "'Die Finke' ist richtig, denn bei uns spricht fast Jedermann, selbst die Gebildeten die statt der Finke" (zu Str. 7); "nicht Stiglitz, sond[ern] Stigilitz zu singen!" (zu Str. 4); "brŏcht, brachte; das o kurz gesprochen, wie in Topf" (zu Str. 4–8 u. 10); "soat" (sagt) in Str. 11, 12 und 13 ersetzt zunächst andere Schreibungen des Wortes ("saot", soit"). Die vier letzten Strophen sandte der Aufzeichner nachträglich im November 1839 an Erk. "Nun fehlt aber immer noch etwas", notierte sich dieser. Möglicherweise handelte es sich dabei um weitere, in ihrer Bildsprache drastischere erotische Strophen, die mitzuteilen sich der Liedaufzeichner jedoch zierte. Schon durch die wohl erst auf Rückfrage Erks gelieferten Strophen 11–13 sah er sich zu einem abwertenden Urteil bemüßigt: "hole = hohle; groe, graue; holbe, halbe. Alle drei Ausdrücke nicht (kauscher) und durchaus unbrauchbar."
Unter den vielen weiteren Belegen der "Vogelhochzeit", die von Ludwig Erk handschriftlich überliefert sind, befinden sich etliche mit wesentlich derberen Strophen. Zu einer Fassung, die er 1853 aufzeichnete und die "in Berlin früher viel gesungen" worden sei, hält Erk fest: "Diese und andere Str. werden theils aus dem Stegreif gemacht, theils sind sie feststehend" (E 4590). Der von Franz Magnus Böhme besorgte Abdruck dieses Beleges nach Erks Nachlass (Erk/Böhme 1893, Bd. 1, Nr. 163f) führt 16 der in der handschriftlichen Aufzeichnung notierten 24 Strophen an und bemerkt dazu: "Noch viele andere Strophen, darunter auch sehr obscöne, wurden dazu improvisiert. […] hier 7 [recte: 8] garstige Strophen fortgethan. Das Lied wurde früher bei Hochzeiten viel gesungen, wie Einsender bemerkt. Wir dürfen annehmen, daß auch alle andern Lieder von der Vogelhochzeit seit ältester Zeit zur Belustigung bei Hochzeitsgelagen gesungen wurden."
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10.12.2012 02:47