Skip to content. Skip to navigation

Liederlexikon

Personal tools
You are here: Home Lieder Der Winter ist vergangen Edition E: Franz M. Böhme 1893
Document Actions

E. Der Winter ist vergangen

(Franz M. Böhme 1893)


Text: Franz Magnus Böhme (1827–1898), nach "Die winter is verganghen"
Melodie: anonym

Scan der Editionsvorlage
 1  2  3




Maibaum.

1. Der Winter ist vergangen,
ich seh des Maien Schein,
ich seh die Blümlein prangen,
deß ist mein Herz erfreut.
So fern in jenem Thale,
da ist gar lustig sein,
da singt die Nachtigalle
und manch Waldvögelein.
 
2. Ich geh, ein' Mai zu hauen
Hin durch das grüne Gras,
Schenk meinem Buhln die Traue,
Die mir die Liebste was,
Und bitt', daß sie mag kommen
All an dem Fenster stahn,
Empfangen den Mai mit Blumen
Er ist gar wohlgethan.
 
3. Und als die Säuberliche
Sein Rede hätt gehört,
Da stand sie traurigliche,
Indeß sprach sie die Wort:
'Ich hab den Mai empfangen
Mit großer Würdigkeit![']
Er küßt sie an die Wangen,
War das nicht Ehrbarkeit? |[S. 205]
 
4. Er nahm sie sonder Trauren
In seine Arme blank.
Der Wächter auf der Mauren
Hub an ein Lied und sang:
"Ist Jemand noch darinnen,
Der mag bald heimwärts gahn!
Ich seh den Tag her dringen
Schon durch die Wolken klar."
 
5. "Ach, Wächter auf der Mauren,
Wie quälst du mich so hart!
Ich lieg in schweren Trauren,
Mein Herze leidet Schmerz:
Das macht die Allerliebste,
Von der ich scheiden muß;
Das klag ich Gott dem Herren,
Daß ich sie lassen muß.
 
6. Adieu, mein' Allerliebste,
Adieu, schön Blümlein fein,
Adieu, schön Rosenblume!
Es muß geschieden sein.
Bis daß ich wiederkomme
Bleibst du die Liebste mein;
Das Herz in meinem Leibe
Gehört ja allzeit dein!"


Ludwig Erk und Franz Magnus Böhme: Deutscher Liederhort. Leipzig 1893/1894, Band 2, S. 204f. (Nr. 393b).
DVA: V 1/3134, b

Dort folgende Herkunftsangabe: "Uebersetzung des altniederländischen Liedes: Urtext aus der Weimar. Hdschr. vom Jahr 1537 bei Hoffmann, Nr. 63, Str. 1 und 2 kommen in dem voraufgehenden Liede vor. – Melodie in Thysius' Lautenbuch, Anfang des 17. Jahrhunderts, Ausgabe von Prof. Land, Abth. I, Nr. 16. Sie ähnelt der zu: Wilhelmus van Nassouwen."


Editorische Anmerkung:
Takt 8: In der Vorlage versehentlich c' (statt d').
Böhme bringt als Nr. 393 zwei Übersetzungen niederländischer Lieder unter der Überschrift "Der Maibaum": Als erstes wird "Het viel een hemels douwe" aus dem Antwerpener Liederbuch (1544) mit einer Melodie aus dem geistlichen Gesangbuch der "Souterliedekens" (1540) angeführt (Erk/Böhme Nr. 393a); dann folgt (als Nr. 393b) die heute bekannte Liedfassung von "Der Winter ist vergangen" mit der Überschrift "Maibaum. Neuere Melodie" und der Angabe "Mel. um 1600". Ihre Textgrundlage ist Hoffmanns Übersetzung aus der Zutphener Handschrift (1537), s. Edition C; die Melodie stammt aus Lands Edition des Thysius-Lautenbuches (um 1600), s. Edition D.
Im Altdeutschen Liederbuch (1877) hatte Böhme seine Übersetzung von "Der Winter ist vergangen" zunächst ebenfalls der Melodie aus den "Souterliedekens" zugeordnet. Als dann 1884 das Lauten¬buch aus der Bibliothek von Joh. Thysius veröffentlicht wurde, hat Böhme im "Deutschen Liederhort" (1893/94) dessen Melodie übernommen und als "Neuere Melodie" für "Der Winter ist vergangen" bezeichnet.
Diese Konstruktion von Böhme ist durchaus problematisch: Denn ob die Weise von Jan P. N. Land dem niederländischen Lied tatsächlich zugeordnet werden kann, ist keineswegs gesichert. Auch wenn man das annehmen mag, so kommt diese Melodie allenfalls für die Umdichtung aus der zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts (Edition B) in Frage. Und ob diese Umdichtung mit derselben Melodie wie die frühe Liedfassung (Edition A) – welche wiederum die Grundlage für Böhmes Liedtext ist – verbreitet war, ist nicht zwingend. In jedem Fall kann man festhalten, dass die Land-Melodie im 16. Jahrhundert sicher nicht mit einem deutschen Liedtext bekannt war – wie Böhme postuliert (dement¬sprechend nennt er seine Übertragung auch eine "Rückübersetzung").
last modified 28.11.2011 01:02
 

nach oben | Impressum