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Wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen


Das erstmals 1933 in einem Liederbuch der bündischen Jugendbewegung erschienene Lied "Wir lieben die Stürme" ist bis heute populär geblieben. Die Urheberschaft des Liedes ist ungeklärt.

I. Das Lied "Wir lieben die Stürme" erschien erstmals 1933 in einem schmalen, vom Deutschen Pfadfinderbund herausgegeben Liederheft ("Lieder des Bundes", Plauen: Verlag Günther Wolff; hier unter dem Titel "Piratenlied") (Edition A). An Stelle einer namentlichen Urheberangabe ist unter dem Lied vermerkt: "Landesmark Hessen, Horst Gießen". Dazu wird im Vorwort des Liederheftes erläutert: "Unsere Lieder sind wohl von Einzelnen geschaffen, aber sie sind ohne die Gemeinschaft, in der diese standen, undenkbar. Deshalb haben wir mit Absicht keine Einzelnamen genannt, sondern nur die Gemeinschaft, aus der die Lieder hervorgingen."

II. Die Sehnsucht nach Abenteuer und gemeinsamer Bewährung war in der bündischen Jugendbewegung stark verankert. In Liedern identifizierte man sich mit Landsknechten, Vaganten oder – wie im Fall von "Wir lieben die Stürme" – mit Piraten: "Ja wir sind Piraten und fahren zu Meere, / Wir fürchten nicht Tod und den Teufel dazu. / Wir lachen der Feinde und aller Gefahren: / Im Grunde des Meeres erst finden wir Ruh!" (Edition A, Str. 4). Mehrfach besungen wird "unsre Fahne", die allen Wettern trotze. Fahnen oder Wimpel besaßen auch die meisten bündischen Jugendgruppen, mit ihnen signalisierte man nach außen (wie ebenfalls im Lied angesprochen), dass man einem eingeschworenen Kreis angehörte, der gemeinsame Wertvorstellungen teilte. Zur Verbreitung des Liedes trug sicher auch der lauthals singbare Refrain bei (Heijo, heijo, heijo…").

III. "Wir lieben die Stürme" wird nicht durchgehend als anonyme Schöpfung überliefert, sondern verschiedentlich einem gewissen Wilhelm Volk zugeschrieben, wie etwa im Liederbuch der "Arbeitsmaiden" (1939) des NS-Reichsarbeitsdienstes (Edition B). Die Urheberschaft lässt sich allerdings nicht zweifelsfrei belegen. Zwar schreibt auch Priebergs "Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945" das Lied Wilhelm Volk (1909–1994) zu, einem Darmstädter Lehrer und Musikpädagogen. Dieser zeichnete im Übrigen für die Zusammenstellung der "Lieder des Bundes" verantwortlich, wie aus deren Impressum hervorgeht (Edition A), und dürfte damit auch Verfasser des zitierten Vorworts gewesen sein. Die liedbezogene Faktenlage bleibt gleichwohl unklar. Der Potsdamer Verlag Ludwig Voggenreiter, der 1939 die "Lieder der Arbeitsmaiden" herausbrachte und darin das verlegerische Eigentumsrecht an "Wir lieben die Stürme" ausdrücklich betonte (s. Anmerkungen zu Edition B), wurde im Krieg zerstört. Nach 1945 scheinen dem angeblichen Liedurheber Wilhelm Volk keine Tantiemen zugeflossen zu sein. "Wir lieben die Stürme" gilt als gemeinfrei, urheberrechtlich geschützt sind lediglich bestimmte Bearbeitungen des Liedes (nach aktuellen Informationen des Voggenreiter Verlages, Bonn, und des Moeseler Verlages, Wolfenbüttel).

IV. In Liederbüchern der NS-Zeit fand "Wir lieben die Stürme" insgesamt nur sporadisch Aufnahme. Eine wirklich breite Rezeption des Liedes ist erst ab den 1950er Jahren feststellbar. Bis in die Gegenwart ist es populär geblieben, was auch an zahlreichen Tonträgeraufnahmen abgelesen werden kann. Die Spanne der Interpreten reicht dabei von Heino bis zur Punkgruppe Slime (s. Album "Viva la muerte", 1992). Eine von Schülern gesungene Parodie des Liedes ("Wir lieben die Stürme der brausenden Lehrer") haben 1971 Mitarbeiter des Deutschen Volksliedarchivs aufgezeichnet (Edition C).

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(September 2012)



Editionen und Referenzwerke
  • Prieberg 2004, S. 7399–7401 (Wilhelm Volk) und S. 7813 (Belege "Wir lieben die Stürme" in NS-Liederbüchern)


Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern (überwiegend nach 1950)
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: viele Tonträger
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Tobias Widmaier: Wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/wir_lieben_die_stuerme_die_brausenden_wogen/>.


© Deutsches Volksliedarchiv

last modified 31.01.2013 04:21
 

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