Skip to content. Skip to navigation

Liederlexikon

Personal tools
You are here: Home Lieder Trotz alledem Edition D: Liederbuch 1977
Document Actions

D. Es war 'ne heiße Märzenzeit

(Liederbuch 1977)


Text: Ferdinand Freiligrath (1810–1876)
Melodie: anonym, nach dem schottischen "For a' that"
 





Trotz Alledem!

1. Das war ‘ne heiße Märzenzeit
trotz Regen, Schnee und alledem!
Nun aber, da es Blüten schneit,
nun ist es kalt, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Wien, Berlin und alledem,
ein schnöder, scharfer Winterwind
durchfröstelt uns trotz alledem!
 
2. Das ist der Wind der Reaktion,
mit Mehltau, Reif und alledem!
Das ist die Bourgeoisie am Thron,
der annoch steht, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Blutschuld, Trug und alledem,
er steht noch, und er hudelt uns,
wie früher fast, trotz alledem! |[S. o. S.]
 
3. Die Waffen, die der Sieg uns gab,
der Sieg des Rechts, trotz alledem!
Die nimmt man sacht uns wieder ab
samt Kraut und Lot und alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Parlament und alledem!
Wir werden unsre Büchsen los,
Soldatenwild, trotz alledem!
 
4. Doch sind wir frisch und wohlgemut
und zagen nicht trotz alledem!
In tiefer Brust des Zornes Glut,
die hält uns warm, trotz alledem!
Trotz alledem und alledem –
es gilt uns gleich trotz alledem!
Wir schütteln uns, ein garst’ger Wind,
doch weiter nichts, trotz alledem!
 
5. Denn ob der Reichstag sich blamiert,
Professorhaft, trotz alledem!
Und ob der Teufel reagiert
samt Huf und Horn und alledem!
Trotz alledem und alledem –
trotz Dummheit, List und alledem!
Wir wissen doch: die Menschlichkeit
behält den Sieg, trotz alledem!
 
6. So füllt denn nur der Mörser Schlund
mit Eisen, Blei und alledem:
wir halten uns auf unserm Grund,
wir wanken nicht trotz alledem,
trotz alledem und alledem!
Und macht ihr’s gar, trotz alledem,
wie zu Neapel dieser Schuft:
das hilft erst recht, trotz alledem!
 
7. Nun was zerfällt, vertretet ihr!
Seid Kasten nur, trotz alledem!
Wir sind das Volk, die Menschheit wir!
Sind ewig drum, trotz alledem,
trotz alledem und alledem!
So kommt denn an, trotz alledem!
Ihr hemmt uns, doch ihr zwingt uns nicht!
Unser die Welt, trotz alledem!


Das sind unsere Lieder. Ein Liederbuch. Hrsg. von Hein & Oss Kröher. Frankfurt a. M.: Büchergilde Gutenberg 1977, Nr. 173.
DVA: V 1/10810

Dort folgende Herkunftsangabe: "Text: Ferdinand Freiligrath, Melodie: schottische Tanzweise aus dem 18. Jahrhundert".


Editorische Anmerkung:
Gegenüber der ursprünglichen Fassung von Freiligrath fehlt hier die sechste Strophe, welche die Rückkehr des "Prinzen" anspricht. Das Aussparen dieser Strophe lässt sich bis in die Zeit des Kaiserreiches zurückverfolgen, als diese Strophe der Zensur zum Opfer fiel. In der Folge wurde dadurch eine Überlieferungstradition begründet, die noch bis zur deutschen Folkbewegung reichte.
Zuvor (v. a. in den 1960er Jahren) kennzeichnet sich die Rezeption des Liedes durch eine auf fünf Strophen verkürzte Version, welche die Strophen 1, 3, 4, 7, 8 aus Freiligraths Gedicht (Edition C) umfasst; vgl. z. B. Inge Lammel: Lieder der Revolution 1848 (Leipzig 1957) oder Annemarie Stern: Lieder gegen den Tritt (Oberhausen 1972).
In der Folkbewegung kursierte daneben auch noch eine andere, auf vier Strophen verkürzte Liedfassung, wobei jedoch nur drei Strophen aus dem "Märzenzeit"-Lied kamen, die durch eine weitere aus Freiligraths Burns-Übersetzung ergänzt wurden (vgl. Anmerkung zu Edition E).
last modified 28.11.2011 11:21
 

nach oben | Impressum