Süss wie Flötenspiel und Geigen, Simferopol klingt ein Lied
"Süss wie Flötenspiel und Geigen" ist ein Preislied auf die Annehmlichkeiten der Stadt Simferopol auf der Halbinsel Krim. Der einzige Beleg dieses Liedes ist eine Textaufzeichnung, welche die Philologin und Volkskundlerin Ellinor Johannson im Sommer 1927 in der russlanddeutschen Siedlung "Kolonie Friedental" auf der Krim angefertigt hat.
I. Weder über die Umstände und den Zeitpunkt der Entstehung noch über die Rezeption dieses Liedes ist Näheres verbrieft. Lediglich die Gewährsperson (Dorothea Bauer, geb. 1912) ist in den Feldforschungsaufzeichnungen genannt. Der Text ist einem von der Stadt Abschied nehmenden deutschen Soldaten ("Lanzer") in den Mund gelegt (Edition A). Der historische Hintergrund dafür war möglicherweise die Besetzung der Ukraine und der Krim durch deutsche Truppen von März bis November 1918, in der letzten Phase des Ersten Weltkriegs. Ob der Lobpreis Simferopols tatsächlich von einem deutschen Soldaten, der während des Ersten Weltkriegs auf der Krim stationiert war, geschrieben wurde oder lediglich aus der Perspektive eines solchen verfasst ist, war nicht zu rekonstruieren. Stilistisch erinnert das Lied eher an ein Couplet. Wie dieses verklärend-sentimentale Stimmungsbild Simferopols in den Liedschatz Dorothea Bauers aus Friedental gelangt ist, hat uns die Sammlerin leider nicht mitgeteilt.
II. Verfasst ist "Süss wie Flötenspiel und Geigen" als wehmütiges Abschiedslied von Simferopol. Die 1784 unter Katharina II. gegründete Stadt war seit Beginn des 19. Jahrhunderts – unter wechselnden nationalen und verwaltungstechnischen Zugehörigkeiten – Hauptstadt der Halbinsel Krim. Der anonyme Autor lässt alle Schönheiten und Vorzüge Simferopols Revue passieren: die Gebäude der russisch-orthodoxen Kirchen, die Geräuschkulisse mit schreienden Krähen und abendlicher Musik und den Markt mit seinen kulinarischen Genüssen – auf dem der Soldat sich dank des günstigen Wechselkurses ("Zwanzig Kopkes eine Mark!") billig verpflegen konnte. Die vielen Ausrufezeichen korrelieren zwar mit der überschwänglichen Begeisterung, die in dem Lied artikuliert wird – sie sind allerdings schlicht charakteristisch für Johannsons Schreibstil und finden sich auch in ihrer Korrespondenz in großer Zahl.
INGRID BERTLEFF
(Januar 2009)
Quellenübersicht
- Ungedruckte Quellen: Einzelbeleg aus mündlicher Überlieferung
- Gedruckte Quellen: —
- Bild-Quellen: —
- Tondokumente: —
Zitiervorschlag
Ingrid Bertleff: Süss wie Flötenspiel und Geigen, Simferopol klingt ein Lied (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/suess_wie_floetenspiel_und_geigen_simferopol_klingt_ein_lied/>.
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