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You are here: Home Lieder Stolz zog durch die Meeresfluten Edition A: Moritatendruck 1858
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A. Stolz zog durch die Meeresfluthen

(Moritatendruck 1858)


Text: anonym

Scan der Editionsvorlage
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Das Lied.

1.     Stolz zog durch die Meeresfluthen
Hin das Schiff, die Austria,
Reich mit Passagier'n beladen,
Ging es nach Amerika.
Und der Cap'tain führt das Dampfschiff,
Ahnend nicht den Schicksalsschlag,
Den der Elemente Toben
Für ihn aufgehoben noch.
 
2.     Starker Westwind trieb die Segel,
Unterstützt des Dampfes Kraft,
Doch nicht Wind noch Wellen haben
Ihm den Untergang gebracht, | [S. 8]
Prasse[l]nd schlägt die Feuersäule
Aus der Luken engen Raum,
Weckt zu furchtbarem Erwachen
Manchen aus 'nem Hoffungstraum.
 
3.     Mittags um die zweite Stunde
Tönt der Armen Angstgeschrei:
"Hülfe! Rettung hallt's die Runde,
Alles ist für uns vorbei!"
Eiligst mit entblößtem Haupte
Stürzet von dem Schreckenswort
Der Cap'tain aus der Cajüte:
Mannschaft! Bote schnell vom Bord!
 
4.     Kaum die Taue losgelassen
Stürzt die Masse sich hinein,
Ach nicht kann das Boot sie fassen,
Ringsum hört man Todesschrein.
Krachend stürzen schon die Masten,
Die Maschine stehet still,
Seht das Schiff dreht sich nach Norden,
Muth, wer jetzt nicht sinken will.
 
5.     Sehet dort den stolzen Ungar,
Einem Kinde auf dem Arm,
Segnend treibt er in die Tiefe,
Die er ach geliebt so warm;
Selbst sein Weib die ihm die Liebste,
Sechs der Kinder groß und schön,
Treibt hinab er in die Tiefe,
Will mit ihnen untergehn.
 
6.     Doch als nun die Noth am größten,
Zeigt sich noch ein Hoffnungs Schein,
Denn es nahte eine Barke,
Nahm die höchst Bedrängten ein;
Doch von all den vielen Seelen,
Schonte wenig nur der Tod;
Und sie priesen nun gerettet,
Dankend froh dem höchsten Gott.


Schiffsbrand des Dampfschiffes Austria, mit 538 Personen von Hamburg nach New-York bestimmt. Gedruckt bei J. Kahlbrock Wwe., Grünersood No. 52. [Hamburg 1858].
DVA: V 1/1135-1 (Druck: 1858-323)


Editorische Anmerkung:

Leander Petzoldt bringt obigen Text mit nachstehender Melodie in Verbindung (Ders.: Bänkelsang. Vom historischen Bänkelsang zum literarischen Chanson. Stuttgart 1974, S. 51 u. 55), die 1942 von Marie Luise Winkler dokumentiert wurde:



Marie Luise Winter bezog die Melodie allerdings auf einen anderen Text, dessen Reimwörter von ihrem Großvater (* 1853) überliefert wurden ("gezogen – Austria – Meereswogen – Amerika"). Die Autorin vermutet, dass die erste Strophe identisch war mit derjenigen, die später auf den Untergang der "Cimbria" (1883) gesungen wurde:

    Pfeilschnell kam daher gezogen
    Stolz die schöne Cimbria [Austria]
    Wollte auf des Meeres Wogen
    Eilen nach Amerika.

Marie Luise Winter: Bänkellieder vom Untergang der "Cimbria" und "Austria". In: Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde und Blätter für niedersächsische Heimatpflege 20 (1942), S. 104. Liedtext zit. nach: Fritz Stroh: Bänkellieder im Volksmund. Sonderdruck aus "Festschrift Richard Wossidlo". Neumünster 1939, S. 183.
last modified 27.08.2012 11:22
 

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