A. Sollen nun die grünen Jahre
(Erstdruck 1689)
Text: Heinrich Anshelm von Zigler und Kliphausen (1663–1697)
| 1. | Sollen nun die grünen Jahre / | |
| Und der Unschuld Perlen-Kleid / | ||
| Auf die schwartze Todten-Bahre / | ||
| In die dunckle Ewigkeit? | ||
| Soll mein Blut die Erde färben? | ||
| Soll Banise nicht mehr seyn / | ||
| Und so jämmerlich verderben? | ||
| Himmel! das ist Seelen-Pein! | ||
| 2. | Meine Jugend heist mich hoffen / | |
| Weil die vollen Rosen stehn: | ||
| Und mein Fuß betritt die Stuffen / | ||
| Welche nach dem Grabe gehn. | ||
| Stern und Himmel rufft vergebens: | ||
| Suche Flammen in dem Schnee / | ||
| Weil die Sonne meines Lebens | ||
| Sincket in die Todten-See. | ||
| 3. | Statt verhoffter Liebes-Blicke | |
| Küsset mich der blasse Tod /| | [S. 768] | |
| Und der Tugend bestes Glücke | ||
| Ist nur Jammer / Angst und Noth. | ||
| Gold und Cronen solt' ich erben / | ||
| Ja ein Kind der Götter seyn. | ||
| Aber / ach! so soll ich sterben / | ||
| Und betreten Grufft und Stein. | ||
| 4. | Doch getrost! das Licht der Tugend | |
| Blitzet auch durch Tod und Nacht. | ||
| Es ist Schönheit / Stand und Jugend / | ||
| Was den Tod dir bitter macht. | ||
| Dieses sind nur falsche Sterne / | ||
| Und ein Glantz der Eitelkeit: | ||
| Spreu und Schalen sonder Kerne / | ||
| Welche schwinden mit der Zeit. | ||
| 5. | Tugend kan den Tod versüssen / | |
| Hoffnung zuckert Gallen ein. | ||
| Weil wir alle sterben müssen / | ||
| Will ich nicht die letzte seyn. | ||
| Es wird meine reine Seele | ||
| Reissen durch die Sterbligkeit / | ||
| Und entgehn des Grabes Höle | ||
| Zur gestirnten Ewigkeit. | ||
| 6. | Zwar mein Printz wird sich betrüben / | |
| Weil mein Fall die Liebe stört: | [S. 769] | |
| Doch ein keusch-gesinntes Lieben | ||
| Wird durch keinen Tod versehrt. | ||
| Ihre zarte Wurtzel dringet | ||
| Auch biß in die kalte Grufft: | ||
| Wenn sich Geist und Seele schwinget | ||
| Durch die blau-gewölckte Lufft. | ||
| 7. | Nun die Zeit befiehlt zu scheiden / | |
| Und mein Stunden-Glas zerbricht. | ||
| Ich soll Tod und Messer leiden / | ||
| Es verdunckelt Aug' und Licht. | ||
| Dieses ist die letzte Stunde. | ||
| So vergeht der Jugend Pracht! | ||
| Wort und Sylb' erstirbt im Munde. | ||
| Welt und Printz zu guter Nacht! |
Heinrich Anshelm von Zigler und Kliphausen: Die Asiatische Banise / Oder Das blutig- doch muthige Pegu / Dessen hohe Reichs-Sonne bey geendigtem letztern Jahr-Hundert an dem Xemindo erbärmlichst unter- an dem Balacin aber erfreulichst wieder auffgehet. Welchem sich die merckwürdigen und erschrecklichen Veränderungen der benachbarten Reiche Ava, Aracan, Martabane, Siam und Prom, anmuthigst beygesellen. Alles in Historischer / und mit dem Mantel einer annehmlichen Helden- und Liebes-Geschichte bedeckten Warheit beruhende. Diesem füget sich bey eine° / aus Italiänischer in Deutschgebundene Mund-Art / übersetzte Opera / oder Theatralische Handlung° / benennet: Die listige Rache° / oder Der Tapffere HERACLIUS. Auffgesetzet von H. A. v. Z. U. K. Leipzig / Verlegts Johann Friedrich Gleditsch° / ANNO M. DC. LXXXIX, S. 767-769.
DVA: B 50275
(online greifbar unter: http://digilib.ub.uni-freiburg.de/document/313140979, Bilder 396-397)
last modified
29.11.2011 12:05