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You are here: Home Lieder Sabinchen war ein Frauenzimmer Edition A: Erstdruck des Textes 1849
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A. Ihr Leute merkt und nehmt zu Herzen

(Erstdruck des Textes 1849)


Text: anonym

Scan der Editionsvorlage
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Höchst schauderhafte Begebenheit,
welche vorigtes Jahr am dreißigsten Februar ist begangen worden.
Nebst Beschreibung von der Verlaufung der ganzen Sach.

1. Ihr Leute merkt und nehmt zu Herzen
Die traurige Geschicht;
Der Diebstahl, der bringt große Schmerzen,
Und nie kein Segen nicht.
 
2. Sabine war ein Frauenzimmer,
Sie war auch tugendhaft;
Deßhalben war zufrieden immer
Mit ihr auch die Herrschaft. |[S. 97]
 
3. Da kam einstmals von Treuenbrietzen
Ein junger Mensch daher
Und sprach: Ich möchte sie besitzen.
Es war ein Schuhmacher.
 
4. Sie hat sich nicht sehr lang bedenket
Und sprach: es mag so sein!
Sie hat zu leicht Vertrau'n geschenket
Des Schusters falschem Schein. |[S. 98]
 
5. Er kommt allnächtlich zu Sabinen
Und seufzt: Ich steck' in Noth;
Gerührt von seinen bittern Mienen
Gibt sie ihm, was sie hat.
 
6. Da thut er es sogleich verschwenden
In Schnaps und auch in Bier;
Und thut sich nochmals an sie wenden,
Will wieder Geld von ihr. |[S. 99]
 
7. Sie kann nicht mehr sein Geld sich leihen;
Drum geht sie auf der Stell
Und muß der Herrschaft veruntreuen
Zwei silberne Löffel.
 
8. Als aber sind zwei Tag vergangen,
Da kommt der Diebstahl raus;
Die Herrschaft jug mit Schimpf und Schanden
Sabinen aus dem Haus.
 
9. Sie klagt's in ihren Gewissensbissen,
Ihr ist das Herz so schwer;
Doch will jetzt nichts mehr von ihr wissen
Der Treuenbrietzenehr. |[S. 100]
 
10. Sie seufzt: Du böser Pflichtvergessner,
Du rabenschwarze Seel!
Da nimmt er schnell ein Transchirmesser
Und schneidt ihr ab die Kehl.
 
11. Das Herzblut thut sogleich rausspritzen,
Sie sinket um und um.
Der falsche Schuster von Treuenbrietzen
Der steht um sie herum. |[S. 101]
 
12. Sie thut auch gleich die Glieder strecken,
Nebst einem Todesschrei;
Den bösen Wicht thun jetzt einstecken
Zwei Mann von der Polizei.
 
13. In Ketten und in Eisenbanden,
Bei Wasser und bei Brot,
Hat er reumüthig eingestanden
Die schwarze Frevelthat. |[S. 102]
 
14. Am Galgen wurd' der Treuenbrietzner
Gehängt durch einen Strick;
Dazu hat ihn gebracht die Untreu
Und auch die falsche Tück.
 
15. Drum soll man keine Kehl abschneiden,
Es thut kein Gut ja nicht.
Der Krug, der geht so lang zu Wasser,
Bis ihm sein Henkel bricht.


Musenklänge aus Deutschlands Leierkasten. Mit feinen Holzschnitten. Leipzig: Georg Wigand [1849]. Faksimiledruck, neu hrsg. von Adolf Thimme [1936]. Nachdruck Leipzig: Ralph Suchier 1977, S. 96–102.
DVA: V 1/14949
last modified 25.05.2011 11:59
 

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