B. Hört Menschen eine Schreckensstunde
(Russlanddeutsche in der BRD 1971)
Text: anonym
Melodie: anonym; nach "Wer nur den lieben Gott lässt walten"
| 1. | Hört Menschen eine Schreckensstunde | |
| Die jüngst in Prischib ist geschehen, | ||
| Es schlägt in vielen Herzens Wunden | ||
| Der Umblick den man dort gesehen. | ||
| Ein Bischof, Gattin u. ihr Kind | ||
| Des Nachts im Schlaf ermordet sind. | ||
| 2. | Ein Greis Von zweiundsibzig Jahren, | |
| Von Jeder Mann so hoch geehrt. | ||
| Der hat in seinen grauen Haaren | ||
| So schrecklich großes durchgewöhrt. | ||
| Was er des Nachts im Bette fand | ||
| Den Tod durch eines Frechers Hand. | ||
| 3. | Auch seine Gattin ihm zur Seite, | |
| In Freud u. Leid gepilgert hat, | ||
| Auch Sie, sie wurdet eine Beute | ||
| Frechen Mörder, bösen Hand | ||
| Auch eine Jungfrau zahrt u. schön | ||
| Muß man im Blute liegen sehen. | ||
| 4. | Ach welch ein Anblick Leiche an Leichen, | |
| Ein Vater, Mutter u. ihr Kind, | ||
| Mit Tränen muß das Aug sich feuchten, | ||
| Das man keinen Trost nicht findet, | ||
| Und fragend muß beim Sarge stehen | ||
| Warum warum "Herr" liesest das geschehen. | | [fol. v.] | |
| 5. | Wer hat das Unheil angerichtet, | |
| Was taten die lieben alten Leut, | ||
| Dem der da Lebend in Vernichtet | ||
| Der frechen Tod sich nicht gescheut; | ||
| Gott, bringt die Tat doch an das Licht, | ||
| Den Dir entgeht der Mörder nicht. | ||
| 6. | Die andern Kinder stehen in großer Schauer, | |
| O, Gott sei Du ihr Trost u. Hort. | ||
| Wenn sie nun tragen in bangen Trauer | ||
| Ihr Vater, Mutter, Schwester fort | ||
| O Wind ihn über Grab u. Tod | ||
| Du ewiges Leben Morgenrot. ) sic! | ||
| 7. | Nun teurer Bischof deiner Herde | |
| Die Du hier hast so treu geliebt, | ||
| Du ruhst von aller Last der Erde, | ||
| Genießest Was dein Gott dir gibt, | ||
| Jetzt prangest du in höheren Licht | ||
| Und dich schreckt doch Mörder nicht. | ||
| 8. | Wie hast du bedent stehts getragen | |
| Auf deinem Herzen Väterlich, | ||
| Einem Jeden mustest du zusagen, | ||
| So mache Wörter tröstentlich, | ||
| Hab Dank für deine Sorg u. Müh | ||
| Die du getragen spät u. früh. |
Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung. Gewährsperson: Frau Risto, geboren in Lip(p)owo (Donezgebiet, Ukraine), später emigriert nach Bremen (BRD). Die handschriftliche Aufzeichnung wurde am 3. Januar 1971 dem Lehrer und Liedsammler Alfred Cammann (Bremen) zugesandt.
DVA: A 210290
Dort folgende Melodieangabe: "Melodie, Wer nur den lieben Gott lest walten" sowie folgende Datierung: "Geschehen ca. 1917 – 1918".
Editorische Anmerkung:
Das Donezgebiet befindet sich östlich des Prischiber Siedlungsgebietes, an der russisch-ukrainischen Grenze. Zur Melodieangabe siehe die editorische Anmerkung zu Edition A.
last modified
19.06.2012 11:30