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B. Geh aus, mein hertz, und suche freud
(Melodie Freylinghausen 1741)
Text: Paul Gerhardt (1607–1676)
Musik: anonym
Mel. Kommt her zu mir, spricht GOttes Sohn, etc. | ||
Oder: | ||
[Noten] | ||
1. | Geh aus, mein hertz, und suche freud, | |
in dieser lieben sommer-zeit, | ||
an deines GOttes gaben: | ||
schau an der schönen gärten zier, | ||
und siehe, wie sie mir und dir | ||
sich ausgeschmücket haben. | ||
2. | Die bäume stehen voller laub, | |
das erdreich decket seinen staub | ||
mit einem grünen kleide. | ||
Narcissen und die tulipan | ||
die ziehen sich viel schöner an, | ||
als Salomonis seide. | ||
3. | Die lerche schwingt sich in die luft, | |
das täublein fleucht aus seiner kluft, | ||
und macht sich in die wälder: | ||
die hochbegabte nachtigal | ||
ergetzt und füllt mit ihrem schall | ||
berg, hügel, thal und felder. | ||
4. | Die glucke führt ihr völcklein aus, | |
der storch baut und bewohnt sein haus, | ||
das schwälblein speis't die jungen: | ||
der schnelle hirsch, das leichte reh | ||
ist froh, und kömmt aus seiner höh | ||
ins tieffe gras gesprungen. | | [S. 286] | |
5. | Die bächlein rauschen in dem sand, | |
und mahlen sich in ihrem rand | ||
mit schatten-reichen myrthen, | ||
die wiesen liegen hart dabey, | ||
und klingen gantz von lustgeschrey | ||
der schaf und ihrer hirten. | ||
6. | Die unverdrossne bienen-schaar | |
fleucht hin und her, sucht hier und dar | ||
ihr' edle honig-speise: | ||
des süssen weinstocks starcker saft | ||
bringt täglich neue stärck und kraft | ||
in seinem schwachen reise. | ||
7. | Der weitzen wächset mit gewalt, | |
darüber jauchzet jung und alt, | ||
und rühmt die grosse güte | ||
des, der so überflüssig labt, | ||
und mit so manchem gut begabt | ||
das menschliche gemüthe. | ||
8. | Ich selber kann und mag nicht ruhn, | |
des grossen GOttes grosses thun | ||
erweckt mir alle sinnen. | ||
Ich singe mit, wenn alles singt, | ||
und lasse, was dem Höchsten klingt, | ||
aus meinem hertzen rinnen. | ||
9. | Ach! denck ich, bist du hier so schön, | |
und lässest uns so lieblich gehn | ||
auf dieser armen erden: | ||
was will doch wol, nach dieser welt, | ||
dort in dem vesten himmels-zelt | ||
und güldnen schlosse werden! | ||
10. | Welch hohe lust, welch hoher schein | |
wird wol in Christi garten seyn! | ||
wie wird es da wol klingen, | ||
da so viel tausend Seraphim | ||
mit unverdrossnem mund und stimm | ||
ihr Halleluja singen! | ||
11. | O wär ich da! o stünd ich schon, | |
ach! süsser GOtt, vor deinem thron, | ||
und trüge meine palmen! | ||
so wolt ich nach der engel weis' | ||
erhöhen deines namens preis | ||
mit tausend schönen psalmen. | ||
12. | Doch gleichwol will ich, weil ich noch | |
hie trage dieses leibes joch, | ||
auch nicht gar stille schweigen: | ||
mein hertze soll sich fort und fort, | ||
an diesem und an allem ort, | ||
zu deinem lobe neigen. | ||
13. | Hilf mir, und segne meinen geist, | |
mit segen, der vom himmel fleusst, | ||
daß ich dir stetig blühe: | ||
gib, daß der sommer deiner gnad | ||
in meiner seelen früh und spat | ||
viel glaubens frücht erziehe. | ||
14. | Mach in mir deinem Geiste raum, | |
daß ich dir werd ein guter baum, | ||
und laß mich wohl bekleiben: | ||
verleihe, daß zu deinem ruhm, | ||
ich deines gartens schöne blum | ||
und pflantze möge bleiben! | ||
15. | Erwehle mich zum paradeis, | |
und laß mich bis zur letzten reif' | ||
an leib und seele grünen: | ||
so will ich dir und deiner ehr | ||
allein, und sonsten keinem mehr, | ||
hier und dort ewig dienen. |
Johann Anastasii Freylinghausen [...] Geistreiches Gesang-Buch, den Kern alter und neuer Lieder in sich haltend. Halle 1741, S. 285f. (Nr. 445).
GBA: 1741 Halle 1
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08.07.2009 09:58