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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß gehn Edition B: Mähren 1818
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B. Annle du sollst nie borwes giehn

(Mähren 1818)


Text und Melodie: anonym

Scan der Editionsvorlage
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1. Annle du sollst nie borwes giehn,
Annle du soelst nie borwes giehn,
Du wirst dir deine Füß derfrön,
Du wirst dir deine Füß derfrön.
 
2. Zuwe soell iech nie boiwes giehn,
Zuwe soell iech nie boiwes giehn,
Wenn iech kai Schuh hor ozu ziehn,
Wenn iech kai Schuh hor ozu ziehn,
 
3. Annle wellst mai Aige seyn
Annle wellst mai Aige seyn,
Iech wihl dir kaife a poor Schücherley,
Iech wihl dir kaife a poor Schücherley.
 
4. Wie soell iech denn dei Aige seyn,
Wie soell iech denn dei Aige seyn,
Iech bin a ormes Dienstmaderley,
Iech bin a ormes Dienstmaderley. |[Bl. 15v]
 
5. Wenn du glei a ormes Dienstmaedla best,
Wenn du glei a ormes Dienstnidle best,
Wenn du ok Treu on Ehr noch host,
Wenn du ok Treu on Ehr noch host.
 
6. Treu on Ehr ies baesser wos Geld,
Treu on Ehr ies baesser wos Gaeld,
Iech nahm mer a Maedle wos mir gefällt;
Iech nahm mer a Maedle wos mir gefällt.
 
7. Wos mir gefällt, dos krieg iech nie,
Wos mir gefällt dos krieg iech nie,
On wos iech krieg dos moer iech nie
On wos iech krieg dos moer iech nie.
 
8. Andle kaif dir an Rusekranz,
Andle kaef dir an Rusekranz,
On gieh of Braunspurg zu dam Tanz,
On gieh of Braunspurg zu dam Tanz. |[Bl. 16r]
 
9. On wie se zu dar Thür nay kom,
On wie se zu dar Thür nay kom,
Dar Schmiedknaecht hender dam Tiesch ufsprong,
Dar Schmiedknaecht hender dam Tiesch ufsprong.
 
10. Ihr Spielleut geicht mer an lange Tanz,
Ihr Spielleut geicht mer an lange Tanz,
Su lang wie dr Andle Rusekranz,
Su lang wie dr Andle Rusekranz.
 
11. On wie der Tanz am beste gung,
On wie der Tanz am beste gung,
Krauthansel zu d'r Thür ney kom,
Krauthansel zu d'r Thür ney kom.
 
12. Ey Schmiedknecht du sollst stella stohn,
Ey Schmiedknecht du sost stelle stohn,
Du sost mer mai Schwaster zu Frieda lon,
Du sost mer mei Schwaster zu Friede lon.
 
13. Zuweh sol iech denn stelle stohn,
Zuweh sol iech denn stelle stohn,
Ich hor deiner Schwaster nischt laids gethon,
Ich hor deiner Schwaster nischt laeds gethon.|[Bl. 16v]
 
14. Krauthansel zug dan Daega raus,
Krauthansel zug dan Daega raus,
On schlug am Schmiedknaecht sei Häuptle ro,
On schlug am Schmiedknaecht sei Häuptle ro.
 
15. Am Schmiedknaecht leht mer ein a Grob,
Am Schmiedknaecht leht mer ein a Grob,
Am Krauthansel of dos Rod,
Am Krauthansel of dos Rod.
 
16. Am Schmiedknaecht klengen de Glocke schien,
Am Schmiedknaecht klengen de Glocke schien,
Krauthansele songen de Roobe schien,
Krauthansele songen de Roobe schien.


Felix Jaschke: Sammlung alter Lieder im Kuhländer Volkston (1818). Handschriftliches Liederbuch. Mährisches Landesarchiv Brünn (Moravský zemský archiv v Brně, MZA), Signatur "Abt. Geschichtsverein 264" (Stand 1938), Blatt 15r–16v (Nr. 14).
DVA: M fol 10


Editorische Anmerkung:
Diese handschriftliche Quelle wurde erstmals ediert von Walter Kramolisch: Die Kuhländler Volksliedsammlungen von J. G. Meinert (1817) und Felix Jaschke (1818). Teil 2: Die Sammlung von Felix Jaschke (1818). Lieder im Kuhländler Volkston. Marburg: N. G. Elwert 1988, S. 61–63 (Nr. 14). Kramolisch unterlegte der Melodie den Text der ersten Strophe und passte dafür die von Jaschke notierte Weise den Worten an. Bei der Wiedergabe des Textes verzichtete Kramolisch auf die Verswiederholungen der Handschrift, wodurch aus den vierzeiligen Strophen der Vorlage zweizeilige Strophen wurden.
Neben Worterläuterungen, Melodiekommentar und Verweisen auf Quellen zur Liedrezeption (S. 62f.) vergleicht Walter Kramolisch diese Fassung auch mit den beiden von Meinert (s. Edition A) publizierten Liedversionen (ebd. Teil 3, S. 195).
Kramolisch geht davon aus, dass die starke Abweichung des Jaschke-Textes von Meinerts Version ab Strophe 7 durch eine fälschliche Aufzeichnung bedingt sei: "Hier sind offenbar zwei Liedtexte, die nicht zusammengehören, zu der gleichen Melodie von Jaschkes Gewährsmann entweder so vorgesungen, oder untereinander geschrieben zugesandt worden, und Jaschke hat die Strophen alle durchnumeriert und ebenfalls untereinander gesetzt. Dennoch bleiben die beiden Teile unverkennbar nebeneinander bestehen. Zum ersten Lied gehören die Verse 1–6, der 7. ist eine bekannte Wanderstrophe, die fast überall eingefügt werden könnte. Vom 8. Vers an beginnt ohne inneren Zusammenhang oder logischen Anschluß der 2. Teil, die schreckliche Mordgeschichte auf dem Tanzboden – eigentlich mehr eine Moritat –, die zu dem schlichten, volksliedhaften Anfang schlecht passt" (S. 62).
In der Tat liegt hier eine Kombination aus zwei (ursprünglich vermutlich) verschiedenen Liedern vor. Dies war jedoch in der realen Singpraxis keineswegs ungewöhnlich, sondern ein geradezu typisches Phänomen, wie zahlreiche Liedquellen aus mündlicher Überlieferung zeigen. Dass auch in diesem Falle kein Aufzeichnungsfehler Jaschkes vorliegt, sondern eine damals offenbar recht geläufige Version dieses Liedtyps, zeigt eine Anmerkung Meinerts, der darauf hinwies, dass die damals verbreitete Form des Liedes von der in seinem Buch publizierten abwich: "Nach Z. 14 [= Str. 7] werden, statt der hier [...] aufgenommenen, gewöhnlich ganz fremdartige Doppelzeilen gesungen, wovon die erste lautet: Wos mir gefellt, dos krig ich ni, / Onn wos ich krig, dos moer ich ni" (siehe Edition A, sowie Str. 7 in der oben edierten Aufzeichnung).
Die zitierte Strophe fungierte sozusagen als Scharnier zwischen den unterschiedlichen Liedteilen. Die Charakterisierung dieser Strophe als "bekannte Wanderstrophe" (Kramolisch) ist nicht zutreffend. Freilich erinnert sie sehr an das Lied vom "Hans im Schnokeloch" ("Was er will, / Das het er nit, / Un was er het, / Das will er nitt ...), das jedoch erst seit 1842 belegt ist; dazu ausführlich Waltraud Linder-Beroud: Hans im Schnokeloch. Von einem, der alles hatte, was er wollte. Auf den Spuren eines elsässischen Mythos. In: Badische Heimat 81 (2001), S. 137–147. – Eine weitere, ungleich ältere Spur zu dieser Art von Strophen bietet ein ab 1610 verschiedentlich auf Flugschriften belegtes Quodlibet, in dem die entsprechende Passage heißt: "Und da er solt da wolt er nicht / und da er wolt da kunt er nicht" (DVA: Bl 598; siehe dazu auch: A. Lübben: Beitrag zur Kenntnis älterer deutscher Volkslieder. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 15 (1883), S. 48–65, hier S. 55, Nr. VI, Str. 2).
last modified 15.09.2009 10:42
 

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