E. Es war ein König in Thule
(Parodie: Abstinenzlied 1917)
Text: nach Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)
Der bekehrte König in Thule. | ||
(D. K.-B.) | ||
1. | Es war ein König in Thule, | |
gar treu bis an das Grab, | ||
dem sterbend seine Buhle | ||
einen gold'nen Becher gab. | ||
2. | Es ging ihm nichts darüber, | |
er leert' ihn jeden Schmaus; | ||
die Augen gingen ihm über, | ||
so oft er trank daraus. | ||
3. | Und als er kam zu sterben, | |
zählt' er seine Städt' im Reich, | ||
gönnt' alles seinen Erben, | ||
den Becher nicht zugleich. | ||
4. | Er saß beim Königsmahle, | |
die Ritter um ihn her, | ||
in hohem Vätersaale, | ||
dort auf dem Schloß am Meer. | ||
5. | Dort stand der alte Zecher, | |
trank letzte Lebensglut | ||
und warf den heil'gen Becher | ||
hinunter in die Flut. | ||
6. | So ward er los die Buhle | |
und trank keinen Tropfen mehr. | ||
Drauf lebte der König in Thule | ||
noch frischer als je vorher. |
Abstinenten-Liederbuch. Hrsg. für das Kreuzbündnis, V. a. K. von H. Voßmann, Pfarrer. Heidhausen 1917, S. 21 (Nr. 25).
DVA: V 3/5515
Dort folgender Herkunftsnachweis: "1–5 von Goethe, 6 von R. v. Kralik." Bei dem zuletzt genannten Autor handelt es sich um Richard von Kralik (1852–1934), der sich in Wien um die Etablierung einer spezifisch katholischen Kultur mühte.
last modified
08.07.2009 08:58