Skip to content. Skip to navigation

Liederlexikon

Personal tools
You are here: Home Lieder Der Mai, der Mai, der lustige Mai Edition A: Aufzeichnung in Mundart 1847
Document Actions

A. Der Mai, der Mai, der lustige Mai

(Aufzeichnung in Mundart 1847)


Text: anonym

Scan der Editionsvorlage
 1  2  3

Der Mai, der Mai, der lustige Mai

1.Der Mai, der Mai, der lustige Mai,
Er kummt daher geruschen.
Ech brach mir 'ne Mai1
Un ging mit 'nem Schwert
       Durch einen Beusch,2 war grone.
 
2.Ech gin vor Herzliebst Fenster stonn3
Un sprach mit falscher Zunge:
"Herzlieb, stand op4
Un laß mich herein!
       Ech bring' dir 'ne Mai mit 'ner Rose.5" |[S. 520]
 
3."Ech stonn6 nit op, ech laß dich nit herein,
Wohl um den Mai zu pflanzen.
Mein Bett steht fest,
Es trägt 'ne schwere Last,
       Das thut sich7 der Mai, der bose.
 
4.Geh' und setz' ihn auf die weite, breite Straße,
Damit er nich befriere;
Der Mai'sche koole8 Dau
Der is sich also kalt, –
       Seine Kraft möcht' er verlieren."
 
5.Zu Hemm'rich steht ein wohlgebautes Haus,
Dat es gedeckt met Leien,9
Da kummt mein Lieb
Alle Sonndas heraus,
       Bronenge10 seind sein' Kleider.
 
6.Seind sie dann bronenge nich,
So seind sie roth scharlaken;
Un wer ein schoon11
Herzliebchen hat,
       Der kann es12 wohl heimlich lachen.
 
7.Der Mönch sprang an dem Fenster heraus,
Die Kapp' ließ er drin hängen:
Do hängst du Kapp',
Du Deuvelslapp,
       Ech trauen dir 'ne schöne Jungfrau an.
 
8.Un stirf de Bruck13 von Traurigkeit,
Wo soll man sie begraben?
Wohl unter den Rosen,
Kartümmelige14 Baum,
       Das Grab soll Rosen dragen.
 
9.Un dräg et dann kein'  Rosen roth,
So dräg et Mant'lekärne;
Un wer ein schoon
Herzliebchen hat,
       Der hat's von Herzen geerne.


Germaniens Völkerstimmen. Sammlung der deutschen Mundarten in Dichtungen, Sagen, Mährchen, Volksliedern u.s.w., hrsg. von Johannes Matthias Firmenich, Bd. 3. Berlin: Schlesinger'sche Buch- und Musikalienhandlung 1854, S. 519f.
DVA: V 1/3575

Dort die folgenden Worterklärungen:
1 Buchenzweig, Buchenbusch und dergl. mit frischen jungen Blättern.
2 Busch, Wald.
3 stehen.
4 stehe auf.
5 bezieht sich auf den früheren Gebrauch der Burschen, an des Liebchens Haus (auch Dach) im Mai einen Maibusch zu befestigen.
6 stehe.
7 Flickwort, auch zur Verstärkung.
8 kühle.
9 Schiefern.
10 braun, bräunlich.
11 schönes.
12 dessen
13 Braut.
14 Kartümmelchen heißt eine Art kleiner Aprikosen, welche am Vorgebirge zwischen Köln und Bonn häufig in den freiliegenden Obstgärten gezogen werden.

Herkunftsangabe: "In den Dörfern am Vorgebirge zwischen Köln und Bonn an den Maisonntagen von den Jungfrauen zum Reigen gesungen".
Darüber hinaus wird in einer Anmerkung der Aufzeichner dieses und zwei weiterer mitgeteilter Mailieder genannt ("H. Wacker, Lehrer an der höheren Bürgerschule zu Köln") sowie ausführlich aus dessen Sammelbericht zitiert, der bezüglich "Der Mai, der Mai, der lustige Mai" einige Beobachtungen und weitergehende Überlegungen enthält:
"Im Jahre 1847 wurde ich in dem Dorfe Hemmerich an einem schönen Maisonntag angenehm überrascht, als ich auf einem freien Platze die Mädchen des Dorfes um einen frischbelaubten Mai- (Buchen-) Busch, den Eine in ihrer Mitte hielt, einen Kreis schließen sah, und, indem sie mit aneinandergeschlossenen Händen im Kreise herumgingen, eine Reihe von Liedern absingen hörte, die ganz den Charakter der alten gemüthvollen Volksweisen trugen." Bei einem in der Folge anberaumten Treffen hätten ihm einige Mädchen diese Lieder "sich gegenseitig ergänzend und berichtigend" vorgesungen, so dass er sie habe aufschreiben können. "Gedankensprünge sind zwar der Volkspoesie eigen, aber namentlich in dem ersten Mailiede [Der Mai, der Mai, der lustige Mai] finden sich solche Lücken, daß man dasselbe unmöglich für vollständig halten kann. Augenscheinlich sind Strophen wie die 7te: 'Der Mönch u.s.w.' entweder später eingelegt, oder dieselben sind aus Liedern älteren Ursprungs. Letzteres ist wohl das Wahrscheinlichste. Was nun die Mundart betrifft, so ist zu bemerken, daß die hochdeutsche Sprache sich in diese Volkslieder bedeutend hineingemischt hat und von denselben nicht mehr abzusondern ist. Ich habe die Lieder ganz treu aus dem Munde der Mädchen aufgezeichnet. Uebrigens möchten diese Lieder auch ursprünglich hochdeutsche Volkslieder sein".
last modified 15.06.2012 09:49
 

nach oben | Impressum