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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder Am Frühjahr schrieb man ein Passport Edition A: Ukraine 1927
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A. Am Frühjahr schrieb man ein Passport

(Ukraine 1927)


Text und Melodie: anonym

Scan der Editionsvorlage
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1. Am Frühjahr schrieb man ein Passport
Dass die Pochonzen müssen fort.
[Ei, ei, juchaha,
daß die Pochonzen müssen fort.]
 
2. Man steckt ihn' Speck und Brot in Sack
Und schickt sie fort nach Anschukrak.
 
3. Von Anschukrak nach Lewen zu,
Die Pochonzen haben keine Ruh.
 
4. Von Lewen gings gleich wieder zurück
Bei Belgrad über die Schiffsbrück.
 
5. Von Lewen gings nach Polkrat zu,
Die Pochonzen haben keine Ruh.
 
6. Von Polkrat gings nach Ismael,
Da stand das russische Militär.
 
7. Und mir Pochonzen insgesamt,
Mir fahren Hoi und Profiant.
 
8. Und dieses muss der Kaiser haben,
Wann er will die Türken schlagen.
 
9. Und endlich gings über Donau Fluss,
Da waren viel Reiter, auch viel zu Fuss.
 
10. Da nahmen sie gleich Tulschen ein,
Und mir Pochonzen hinterdrein.
 
11. Dort haben wir alles ausgeschluckt,
Und wer's nicht glaubt, geh hin und guck.


Aufgezeichnet in der Kolonie Zürichtal im Sommer 1927 durch Ellinor Johannson (Text) und Viktor Schirmunski (Tonaufnahme); Gewährsperson: Johannes Stauber (geb. 1840).
DVA: DVL – M 1, Nr. 1 (Text) und DVL – K III, Nr. 26 b (Tonträger sowie Melodietranskription)
IRLI Handschr. Abt.: Fond 104 – 12 – 1 (Text)
IRLI Phonogrammarchiv: DL 684.02 (Tonträger) sowie Mappe 50 – 1/Haufler-Material I, Blatt 7 (Melodietranskription), Veröffentlichung mit Genehmigung von IRLI RAN, Sankt-Petersburg.


Editorische Anmerkung:
Viktor Schirmunski zitiert diesen Liedtext in seinem Aufsatz über "Das kolonistische Lied in Rußland" (In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 37/38 (1927/28), S. 182–215). Dort findet sich auf S. 196 folgende Anmerkung, die in den Archivaufzeichnungen fehlt:
"Das älteste Lied dieser Art [kolonistisches Kriegslied] stammt aus Bessarabien, und zwar aus einer noch früheren Zeit, wo die Kolonisten nur Zeugen der militärischen Anstrengungen ihrer neuen Heimat sein konnten. Zur Zeit des Sebastopoler Krieges (1854–56) wurde nämlich, nach Angabe des alten Staubler [sic] (geb. 1840 in Bessarabien, ansässig seit 1858 in der Krim, Kolonie Zürichtal, Rayon Feodosia), von ihm und seinen Kameraden ein Lied gedichtet das noch jetzt in Bessarabien gesungen werden soll. Die bessarabischen Kolonisten, unter ihnen auch der fünfzehnjährige Stauber, waren in dem Proviantdienst der russischen Donauarmee als Fuhrleute angestellt."

Worterklärungen:
1. Strophe, Vers 1: Passport: es ist unklar, was damit gemeint ist; in der Tonträger-Liste des IRLI lautet der Incipit des Liedes "Im Frühjahr schrieb man ein Rauport (Passport)". Möglicherweise ist an dieser Stelle also "Rapport" gemeint.
1. Strophe, Vers 2: Pochonzen: Schirmunski erläutert dieses Wort in seinem oben erwähnten Aufsatz als "ukrain.: Pogonzy – Fuhrleute".
2. Strophe, Vers 2: Anschukrak: die korrekte Orthographie dieses Ortsnamens ließ sich bislang nicht klären.
4. Strophe, Vers 2, 5. Strophe, Vers 1, 6. Strophe, Vers 1: Polkrat, Belgrad: wahrscheinlich ist mit beiden Schreibweisen Bolgrad gemeint, eine Stadt im damaligen Bessarabien.
5. Strophe, Vers 1: Lewen: wahrscheinlich die Stadt Leova, damals Bessarabien.
6. Strophe, Vers 1: Ismael: Ismail, eine Festungsstadt an der Donau, damals Bessarabien.
10. Strophe, Vers 1: Tulschen: Tulcea, Stadt an der Donau, damals Dobrudscha.

Im Deutschen Volksliedarchiv Leningrad wurde die Tonaufnahme dieses Liedes zwei Mal transkribiert: von Jevgenij V. Hippius sowie von W. Haufler. Die Hippius-Transkription ist publiziert in: Viktor Schirmunski: Das kolonistische Lied in Rußland. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 37/38 [1927/28], S. 182–215; dort Nr. 7, S. 212. Die Haufler-Transkription befindet sich in den Beständen des IRLI-Phonogrammarchivs St. Petersburg (s. obige Edition). Der Liedtext wurde von Ellinor Johannson transkribiert (s. obige Edition). Viktor Schirmunski zitiert diesen Beleg in seinem oben erwähnten Aufsatz (ebd., S. 196). Das Deutsche Volksliedarchiv Freiburg erhielt vom Deutschen Volksliedarchiv Leningrad eine Abschrift dieses Liedes, die Johannsons Text- und Hauflers Melodietranskription vereint (DVA: A 102 504).
In folgenden Punkten weicht die Melodietranskription in diesen Belegen voneinander ab:
  • Hippius-Transkription: melodisch identisch mit der Haufler-Transkiption, allerdings im Bassschlüssel sowie im 4/4-Takt notiert. Ohne Wiederholungszeichen, ohne die bei Haufler angefügte Bassvariante, mit Tempoangabe ("1/4 = 144").
  • DVA-Abschrift der Haufler-Transkiption: Ohne Wiederholungszeichen, ohne die bei Haufler notierte Bassvariante, Takt 1 lautet dort c'' g' a' g' (alles Achtelnoten). In folgenden Punkten weicht der Wortlaut der Texttranskriptionen in diesen Belegen voneinander ab:
Der Kehrreim fehlt in Johannsons Transkiption. In Hauflers Transkription lautet er "Ei-, ei-, juch-ha-ha [...]", bei Hippius "he he ju ha ha [...]" und in Schirmunskis Abschrift der Hippius-Transkription "Hee hee - ju haha [...]". Auf dem Tonträger wiederum beginnt der Kehrreim mit "O-ho o-ho juchacha [...]". Außerdem hat Schirmunski in seiner Edition von Johannsons Liedbeleg die Orthographie des Textes stillschweigend korrigiert sowie die dort variierenden Ortsbezeichnungen "Belgrad", "Polkrat" und "Bolgrad" stillschweigend zu "Bolgrad" vereinheitlicht.
last modified 25.01.2011 11:05
 

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