Edition D: Volksliedsammlung 1840 copied.
D. Geh i halt wohl in den Wald
(Volksliedsammlung 1840)
Text und Melodie: anonym
Der Donaustrudel. | ||
1. | Geh i halt wohl in den Wald, | |
In den Wald spazieren, | ||
Kommt ein Schiffmann von Passau an, | ||
Wollte mich vexiren; | ||
Und als ich kam an's Schiff dahin, | ||
Saßen nichts als Mädel drin. | ||
Schwäbische, bayrische Dirndl, juchhe! | ||
Muß der Schiffmann führen. | ||
2. | Schiffmann, lieber Schiffmann mein, | |
Ich möcht' etwas fragen: | ||
Wo habt ihr eure Mädel dann | ||
Z'sammen aufgeladen? | ||
Zu Linz, zu Ems, zu Wietingen, | ||
Zu Regensburg, zu Bossingen! | ||
Schwäbische, bayrische Dirndl, juchhe! | ||
Muß der Schiffmann führen. | ||
3. | Schiffmann, lieber Schiffmann mein, | |
Wie weit ist noch vom Strudel? | ||
Zum Strudel habt ihr nicht mehr weit, | ||
Seyd nur keine verzagte Leut', | ||
Mag das Schiff sich bäumen, | ||
Mögen die Wellen schäumen, | ||
Schwäbische, bayrische Dirndl, juchhe! | ||
Muß der Schiffmann führen. | ||
4. | Sollt' etwa eine drunter seyn, | |
Die keine Jungfrau wäre, | ||
So thu sie gleich zum Schiff aussteigen, | ||
Die Jungfrauschaft verloren, | ||
Der ist der Tod erkoren, | ||
Drunten auf der Seiten | ||
Mag sie wieder einsteigen. | ||
Schwäbische, bayrische Dirndl, juchhe! | ||
Muß der Schiffmann führen. | | [S. 588] | |
5. | Es kommen ihrer hundert und drei | |
Ueber das Feld gelaufen, | ||
Das war ein sehr groß Geschrei, | ||
Zu sitzen auf einem Haufen! | ||
Konnt' keine über den Strudel fahren, | ||
Als ein Mädchen von achtzehn Jahren. | ||
Sie ist nicht ausgestiegen, | ||
Ist im Schiff geblieben. | ||
Schwäbische, bayrische Dirndl, juchhe! | ||
Muß der Schiffmann führen. |
Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen. Unter Mitwirkung des Herrn Professor Dr. E. Baumstark und mehrerer anderer Freunde der Volks-Dichtung, als Fortsetzung des A. Kretzschmer'schen Werkes, gesammelt und mit Anmerkungen versehen von A. Wilh. v. Zuccalmaglio. Zweiter Theil. Berlin: Vereins-Buchhandlung 1840, S. 586–588 (Nr. 323). DVA: V 1/10700-2
Dort folgende Herkunftsangabe: "Aus Oesterreich."
Editorische Anmerkung:
Von den fünf in Strophe 2 genannten Ortsnamen sind mit Wietingen und Bossingen zwei fiktiv. Heinrich Uhlendahl nimmt an, dass durch sie "die 'schwäbischen' Dirndel des Liedes in gewissem Sinne gerechtfertigt werden sollten" (Als wir jüngst in Regensburg waren. Eine literarhistorische Skizze. Berlin 1924, S. 44). Bei "Ems" dürfte es sich um eine Korruption von "Enns" handeln, eine österreichische Ortschaft zwischen Linz und Grein an der Mündung eines Donauzuflusses gleichen Namens (unterhalb Greins lag der berüchtigte Donaustrudel).
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10.07.2013 01:31