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Edition E: Schweiz 1847 copied.
E. Aber keiner war so frech
(Schweiz 1847)
Text: anonym
Das Lied von Tschech | ||
1. | Aber keiner war so frech, | |
Wie der Bürgermeister Tschech, | ||
Denn er traf fast auf ein Haar | ||
Unser theures Königspaar. | ||
Ja er traf die Landesmutter | ||
Durch den Rok in's Unterfutter. | ||
2. | Als die Uhr war kaum halb achte | |
Und noch Niemand Böses dachte, | | [o. S.] | |
Ist ein Mann im grauen Mantel, | ||
Durch das Schloßportal gewandelt. | ||
Dieß war Tschech der Hochverräther, | ||
Königsmörder, Attentäter. | ||
3. | Ach es hat der Bösewicht, | |
Unsern Gott im Herzen nicht, | ||
Poken hat er im Gesicht, | ||
Sonsten sah man Böses nicht, | ||
Friedrich Wilhelm kam heraus, | ||
Sah noch ganz verschlafen aus. | ||
4. | Tschech zieht ein Pistol hervor, | |
Trifft den König fast an's Ohr. | ||
Doch es pakt ihn ein Schandarme | ||
An dem frevelhaften Arme, | ||
Und man keilt den Wütherich | ||
Auf der Stelle fürchterlich. | ||
5. | Als der König ihn erbliket | |
Von Schandarmen rings umstriket, | ||
Zeigt er plötzlich viel Courage | ||
Und spricht schnell zur Equipage: | ||
"Auf dem Schloßplatz halt man still, | ||
Weil das Volk mich sehen will." | ||
6. | Drauf dreht er sich um und spricht: | |
"Kinder ich hab' nischt gekriegt." | ||
Dik und fett ihm fehlte wenig, | ||
Alles brüllt "es leb' der König." | ||
Aber wo war Dunker hin? | ||
Dunker der war nach Stettin, | ||
7. | Dunker hätte sonst errathen, | |
Daß man wollte attentaten. | ||
Wär' er in Berlin gewesen, | ||
Würd' man dieses jezt nicht lesen. | ||
Aber Leute hört einmal | ||
Von dem Liede die Moral, | ||
8. | Hatt' wohl je ein Mensch so'n Pech, | |
Wie der Bürgermeister Tschech, | ||
Daß er diesen diken Mann | ||
Auf zwei Schritt' nicht treffen kann. |
Das Lied von Tschech. In: Der Gukkasten (Bern) 7 (1847), Nr. 20 (15. Mai), o. S.
DVA: B 50326 (Original: UB Basel, Sign.: KiAr H IX 6)
Dort folgender Vorspann zum Liedtext: "Wer nachfolgendes Lied in einem Wirtshause seinen Freunden vorliest, wird im Lande Preußen mit 2 Jahre Festung bestraft. Der Gukkasten beeilt sich deshalb, das famöse Lied seinen Freunden zu geben".
Editorische Anmerkung:
Der Lieddruck war offenkundig eine Reaktion auf die Urteilsverkündung gegen den Berliner Literaten Eduard Meyen Anfang Mai 1847; siehe ausführlichen Kommentar (John 2009).
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31.08.2011 01:53