B. Sah ein Fürst ein Büchlein stehn
(Liederbuch für Buchhändler 1886)
Text: Leberecht Blücher Dreves (1816―1870)
Freiheits-Büchlein. | ||
Weise: Sah ein Knab' ein Röslein stehn etc. | ||
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1. | Sah ein Fürst ein Büchlein stehn | |
in des Ladens Ecken, | ||
nahm es rasch es durchzusehn, | ||
las es noch vorm Schlafengehn, | ||
doch mit tausend Schrecken! | ||
Büchlein, Büchlein, Büchlein keck, | ||
aus des Ladens Ecken. | ||
2. | König sprach: ich unterdrück | |
's Büchlein aus dem Laden, | ||
Büchlein lachte: o des Glücks! | ||
dann liest man mich hinterrücks, | ||
und das bringt nie Schaden. | ||
Büchlein, Büchlein, Büchlein keck, | ||
Büchlein aus dem Laden. | ||
3. | Und der gute Fürst verbot | |
's Büchlein in dem Lande, | ||
Büchlein aber litt nicht Not, | ||
ging nun ab wie warmes Brod, | ||
ging von Hand zu Hande. | ||
Büchlein, Büchlein, Büchlein keck, | ||
Büchlein bleibt im Lande! |
Cantate! Liederbuch für Buchhändler. Leipzig 1886, S. 74 (Nr. 87).
DVA: V 3/4692
Editorische Anmerkung:
Zum historischen Kontext der Zensur: In der Zeit nach dem Reichspressegesetz von 1871 war Zensur noch immer ein sehr präsentes Thema, allerdings gab es jetzt – im Vergleich zur Vormärzzeit – statt einer Vor- eine Nachzensur (Bodo Plachta: Zensur. Stuttgart 2006, S. 125). Verschärft wurde die politische Zensur aber durch das unter Reichskanzler Otto von Bismarck erlassene "Sozialistengesetz" (1878–1890).
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12.08.2010 01:03