Edition C: Erstdruck 1818 copied.
B. O weichet, ihr Sorgen
(Hildesheim 19. Jahrhundert)
Text: anonym
Das Fest der vier Jahreszeiten. | ||
1. | O weichet, ihr Sorgen, von Jahre zu Jahre, | |
Der Schöpfer, der schenk' uns ein fröhliches Jahr! | ||
Die Gesundheit, den Frieden, gesegnete Zeit! | ||
Erhör' uns, o Vater, und schenk' uns die Freud'! | ||
Rede des Winters. | ||
Ich als Winter stelle mir | ||
Von der Straße in die Thür, | ||
Hab' oft manche kalte Stunde, | ||
Stürmisch, dabei doch gesunde; | ||
Ach, wie zier' ich manchen Baum, | ||
Daß ein Maler kann ja kaum | ||
Malen gleich die Blumen so, | ||
Wie ich damit zieren thu', | ||
Wie der Schnee so schön thut funkeln, | ||
Kleine Sterne, große Flocken! | ||
Muß ich zieren gleich die Bahn, | ||
Daß man kann mit Schlitten fahr'n. | | [S. 2] | |
2. | Im Januar fängt sich das neue Jahr an, | |
Ich ziere die Bäume, ich ziere die Bahn, | ||
Mit Schlitten kann man fahren durch Städte und Land | ||
Das Fest der drei Könige ist uns auch bekannt. | ||
3. | Maria ihre Reinigung im Hornung der Zeit – | |
Da hab' ich als Winter noch öfters die Leut', | ||
Am Ende so ruf' ich die Fasten heraus, | ||
Sagt Mancher, laßt Fasten, wir halten einen Schmaus. | ||
4. | Der März-Mond noch etwas als Winter ist mein, | |
Der bringet Thauwetter und warmen Sonnenschein – | ||
Und wenn ich noch weiter ins Monat 'reingeh, | ||
So kommt ja der Frühling und jagt weg den Schnee. | ||
5. | Am Ende des März-Monats stell' ich mich nun ein, | |
Jetzt packe dich, du Wint[e]r, der Frühling ist mein, | ||
Der Engel verkündigt Maria als Held, | ||
Sie sollte gebähren den Heiland der Welt. – | ||
6. | Palmarum, Charfreitag, das Osterfest auch, | |
Da singen die Vögel nach ihrem Gebrauch | ||
April ist fruchtbar, bringt Regen und Schnee, | ||
Bedecket die Erde mit Kräutern und Klee. – | | [S. 3] | |
Frühlings-Lied. | ||
Schon locket der Mai die Schwalbe herbei | ||
Und alles im Dörfchen ist heiter; | ||
Die Wiesen sind grün und überall blüh'n | ||
Die lieblichsten Blumen und Kräuter. – | ||
Mit fröhlichem Klang läßt Vögelgesang – | ||
Im Felde und Walde sich hören; | ||
O singet ein Lied, ein heiliges Lied | ||
Dem Schöpfer des Frühlings zu Ehren. | ||
Rede des Frühlings. | ||
Ich als Frühling preise mich, | ||
Mit den Blumen säuberlich; | ||
Schöne Blüt', zur süßen Frucht, | ||
Rosen, Nelken, die man sucht; | ||
Ach, wie schlägt die Nachtigall, | ||
Gleich die Vögel überall; | ||
Jedes preiset seinen Gott, | ||
Der die Welt erschaffen hat. | ||
Alle Wiesen, Felder grün, | ||
Auch die Lilien zierlich blühn, | ||
Alle Vögel, Paar bei Paar, | ||
Suchen ihre Nester dar. | | [S. 4] | |
7. | Wie lieblich der Mai-Monat die Bäume beglückt, | |
Wie zierend die Felder mit Blumen geschmückt, – | ||
Am Tage der Himmelfahrt ist Christus gereis't, | ||
Am Pfingsten erscheint uns der heilige Geist. | ||
8. | Im Juni da sieht man die Felder so schön, | |
Wie zierend, wie lieblich die Früchte da stehn; | ||
Da preis't man den Schöpfer für Kräuter und Frucht, | ||
Da stellt sich der Sommer, empfängt sie mit Lust. | ||
9. | Wie lieblich als Sommer stell' ich mich nun ein, | |
Die Tage am längsten, die Sonne hoch scheint, | ||
Johannes, der Tag erwecket die Tauf', | ||
Wie lieblich vollendet der Monat seinen Lauf. – | ||
Sommer-Lied. | ||
Lange Sommertage | ||
Sind willkommen mir, | ||
Sage, was man, sage: | ||
Freudevoll seid ihr; | ||
Herrlich kann man sehen, | ||
Morgens auf zu stehen, | ||
Wird's auch manchmal schwül, | ||
Abends ist doch kühl. – | | [S. 5] | |
Wiesen, Bäume, Reben, | ||
Stehn in voller Pracht, | ||
Voller Frucht und Leben, | ||
Durch der Sonne Macht, – | ||
Seht der Felder Segen | ||
Neigt sich uns entgegen; – | ||
Sammeln wollen wir – | ||
Schöpfer, Dank dafür! | ||
Rede des Sommers. | ||
Ich als Sommer preise mich, | ||
Schöne Früchte bringe ich: – | ||
Kirschen, Birnen, Aprikosen, | ||
Alle Früchte thu' ich loben, | ||
Kommt gleich Regen, Donner, Blitz, | ||
Auch der Sonnenstrahlen Hitz', – | ||
Alles gehört zu dieser Zeit, | ||
Macht auch wieder Muth und Freud'; | ||
Führt die Menschen zu ihrer Frucht, | ||
sie dienen auch zur Lieb' und Lust. | ||
10. | Maria Heimsuchung im Julius-Monat, – | |
Bekräftet die Heuerndte mit Honig und Saft, – | ||
Der Monat erfreuet die Menschen und Vieh | ||
Jacobus verkündigt die Erndte mit Müh. – | | [S. 6] | |
11. | Augustus bescheert uns die fröhliche Zeit, | |
Da ist man mit Sichel und Sensen bereit; | ||
Da füllt man die Häuser und Scheunen mit Frucht, | ||
Auf daß wir bekommen Bier, Branntwein und Brod. | ||
12. | Im Monat September erschallet der Wald, | |
Der Jäger das Wildpret mit Büchsen erknallt, | ||
Der Ackersmann bringet Getreide und Wein, | ||
Am Ende da stellt sich der Herbst auch noch ein. | ||
13. | Neu stell' ich als Herbst-Mond mich auch noch herfür, | |
Sieben Tage im September gehören noch mir, | ||
Und thu' mich gleich preisen, mit Wein und mit Most, | ||
Und feiern dazu das Michaeli-Fest. | ||
Rede des Herbstes. | ||
Ich als Herbst bin auch bereit, | ||
Ich liebe des Vaters Gütigkeit, | ||
Find' ich noch was auf den Feldern, | ||
Bring' ich's gleich in Küch' und Kellern, | ||
Fette Gänse, Ochsen, Schwein, | ||
Und dazu ein gut Glas Wein. | ||
Hat man Alles dies im Haus, | ||
Kann man halten einen Schmaus; | ||
Leben jetzt in Fried' und Ruh', | | [S. 7] | |
Und trinken die Gesundheit zu; | ||
Wer dies hat sein Lebenlang, | ||
Vergesse nie zu sagen | ||
Dem Schöpfer Preis und Dank. | ||
14. | Der Monat October bringt Trauben und Saft, | |
Erfreuet die Menschen, giebt Gesundheit und Kraft, – | ||
Ja Mancher zufrieden und Fröhlichkeit bringt, | ||
Oft thut man dabei singen ein fröhliches Lied. – | ||
15. | Im Monat November da hat man gefüllt | |
Die Keller und Küche, Martinus der kühlt, | ||
Der Landmann, der hat ja besäet sein Land, | ||
Er bringt Gänse, Ochsen und Schafe zur Stadt. | ||
16. | Im Monat December da schlacht't man die Schwein', | |
Gesotten, gebraten dazu ein Maaß Wein, | ||
Auf Christi Geburtstag erfreuen sich sehr Viel, | ||
Die Tage am kürz'sten, das Jahr hat sein Ziel. | ||
17. | Das sind die zwölf Monat, die halten sich so, | |
Der erste macht lustig, der andere macht froh, | ||
Der dritte besäet, der vierte macht naß, | ||
Der fünfte bringt Freuden, der sechste macht Spaß, | | [S. 8] | |
Der siebte erwärmet, der achte fährt ein, | ||
Der neunte bringt Nahrung, der zehnte bringt Wein, | ||
Der eilfte erfüllet, der zwölfte macht Lust, | ||
So sind uns die Monate ja alle bewußt. – | ||
18. | Und weil uns die Monate sind alle bekannt, | |
So schenk' uns der Schöpfer den Frieden ins Land, – | ||
Beständige Gesundheit, Glück, Friede und Freud', | ||
Gute Handlungsgeschäfte zu jeder Zeit; | ||
D'rum wünschen wir Friede in jedes Land, | ||
Und wünschen einem Jeden einen fröhlichen Stand. | ||
Der Friede erquicket das menschliche Herz, | ||
Versüßet den Traurigen den bitteren Schmerz, | ||
Ich Winter, ich Frühling, ich Sommer, ich Herbst, | ||
Wir thun Ihnen ja wünschen ein fröhliches Herz. – | ||
Der Dank. | ||
Sie haben uns eine Verehrung gegeben, | ||
Der liebe Gott lasse Sie in Freuden jetzt leben, | ||
Beständige Gesundheit, Glück, Friede und Freud', | ||
Das wünschen wir Ihnen zu jeder Zeit! | ||
Und weil jetzt unser Wunsch ist vollbracht, | ||
So wünschen wir Ihnen eine gute Nacht. |
Das Fest der vier Jahreszeiten. [Liedflugschrift] Hildesheim: Gerstenbergsche Buchdruckerei o. J. [19. Jahrhundert].
DVA: V 1/1145-6
Editorische Anmerkung:
Die Zwischenüberschriften der Vorlage werden kursiv wiedergegeben. Das "Frühlings-Lied" und das "Sommer-Lied" haben in der vorliegenden Quelle eine eigene Strophenzählung, die nicht in die Edition übernommen wurde.
last modified
21.06.2012 11:24