A. Jetzt fangen an die Schreckensstunden
(Wolgaregion 1909)
Text: anonym
Scan der Editionsvorlage
1
1
1. | Jetzt fangen an die Schreckensstunden, | |
Die Trübsal bricht mit Macht herein, | ||
Der Vater muss den Schmerz erdulden: | ||
Der Sohn muss in die Schlacht hinein. | ||
2. | Ach, Vaterherz, o Mutterliebe! | |
Seht ihr die Meinen um euch stehn? | ||
Behaltet sie in euren Händen, | ||
Lasst sie doch niemals von euch gehn! | ||
3. | Ach, liebe Frau, wir müssen scheiden, | |
Die Pflege bleibet dir allein; | ||
Es werden trübe Stunden kommen, | ||
Die Hilfe scheint noch fern zu sein. | ||
4. | Ach Bruderherz, beweise Liebe | |
An meinen kleinen Kindelein. | ||
Du weisst, der Herr hat dich verschonet. | ||
Du bleibest hier und ich muss fort. |
Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung in der Kolonie Schilling, Kanton Balzer (Wolgaregion) im Jahr 1909 durch Peter Sinner; Gewährsperson: Joh. Sinner, zwischen 30 und 40 Jahre alt.
DVA: DVL – M 64, Nr. 1 (W)
IRLI Handschr. Abt.: Fond 104 – 24 – 117, Veröffentlichung mit Genehmigung von IRLI RAN, Sankt-Petersburg.
Editorische Anmerkung:
Im Deutschen Volksliedarchiv Leningrad ist eine zweite, im Wesentlichen identische Fassung belegt, die ebenfalls von Peter Sinner im Jahr 1909 aufgezeichnet wurde (DVA: DVL – M 64, Nr. 2 [W]). Aufzeichnungsort ist ebenfalls die Kolonie Schilling, Gewährsperson Sinner selbst. Er erinnert, dieses Lied 1891, als 12-jähriger, gehört zu haben und kategorisiert es als "Soldaten-Abschied".
Johannes Erbes und Peter Sinner haben dieses Lied außerdem in ihre Liedsammlung "Volkslieder und Kinderreime aus den Wolgakolonien" aufgenommen (Ssaratow 1914, Nr. 158, S. 238). Diese Edition weicht von der oben edierten Fassung in folgenden Punkten ab:
Das geistliche Lob- und Danklied "O dass ich tausend Zungen hätte" wurde auf unterschiedliche Melodien gesungen. Zu den verschiedenen Melodieversionen siehe Johannes Zahn: Die Melodien der deutschen evangelischen Kirchenlieder. Aus den Quellen geschöpft und mitgeteilt. 6 Bde. Gütersloh 1889–1893, Bd. 2, S. 229–231 (Nr. 2859–62) sowie Albert Friedrich Wilhelm Fischer: Kirchenlieder-Lexikon. Hymnologisch-literarische Nachweisungen über ca. 4500 der wichtigsten und verbreitetsten Kirchenlieder aller Zeiten. Zweite Hälfte. Gotha 1879, S. 137f. In dem altpietistischen Philadelphialieder-Notenbuch (Hrsg. vom Altpietistischen Gemeinschaftsverband in Württemberg, Reutlingen: Gemeinschaftsbuchhandlung 1932), das auch in russlanddeutschen Gemeinden verwendet wurde (s. Asta Christa Plänitz: Die Liederhandschriften der Russlanddeutschen. Quellensammlung und Untersuchung. Marburg: Elwert 1995, S. 438), findet sich folgende Melodie dieses Chorals (Philadelphia-Notenbuch 1932, Nr. 32, S. 33):
Diese korrespondiert teilweise mit Melodievarianten, die Georg Schünemann ediert hat (in: Das Lied der deutschen Kolonisten in Russland. München: Drei Masken 1923, Nr. 420 und 422, S. 377f., s. Edition B und Edition C). Möglicherweise war dies also die zugrundegelegte Weise.
last modified
31.08.2011 04:48