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Liederlexikon

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Jauchzet ihr Himmel


"Jauchzet, ihr Himmel" wird heute in den christlichen Gottesdiensten als Weihnachtslied gesungen. Der Text stammt von Gerhard Tersteegen (1697–1769), einem bekannten Kirchenlieddichter und bedeutenden Vertreter des reformierten Pietismus. Für die breite Rezeption war entscheidend, dass das Gedicht der Melodie von "Lobe den Herren, den mächtigen König" (Joachim Neander 1680) zugeordnet wurde.

I. Das Lied "Jauchzet, ihr Himmel" besingt, wie der Liedtitel von Tersteegen verdeutlicht, die "herzliche Barmherzigkeit Gottes, erschienen in der Geburt des Heilandes Jesu Christi" (Edition A). Es handelt sich dabei also um ein Weihnachtslied, welches das Geheimnis der Inkarnation mit der christlichen Erlösungslehre verbindet (Strophe 1 bis 4). Bemerkenswert ist hierbei, dass Tersteegen speziell die "Kindwerdung" Gottes, und nicht allein die Menschwerdung thematisiert. In den Strophen 5 bis 8 bedenkt der Liedsänger seine Reaktion auf das Heilsereignis: Der Beter verspricht, sich Jesus zu übergeben und der Sünde abzusagen. Das Lied endet in dem Wunsch, Jesus in der "Kindergestalt" anzuhangen. Dieser Terminus ist in der Tradition der Gotteskindschaft (vgl. Mt 18,3) zu sehen, nicht als Ausdruck eines infantilen Frömmigkeitsideals. Die Sprache des Liedes ist vertraut-innig; Christus wird in direkter Rede mit "Höchster" (Str. 5), "König der Ehren" (6), aber auch als "Süßer Immanuel", "mein Heiland" (7) und "Menschenfreund Jesu" (8) angesprochen. Die Melodiezuweisung zu "Lobe den Herren, den mächtigen König" stammt von Tersteegen selbst.

II. Zuerst veröffentlicht wurde das Lied im Jahr 1731 (Druck verschollen). 1735 hat Tersteegen den Text sodann in die zweite, vermehrte Sammlung des "Geistlichen Blumen-Gärtleins" aufgenommen (Edition A). Diese Textform hat er dann bis zur siebten Auflage 1769 beibehalten.

III. Eine eigenwillige Textkompilation findet sich in der nach 1813 erschienenen "Sammlung christlicher Lieder für die kirchliche Andacht evangelischer Gemeinen" (Edition B). Hier ist "Jauchzet ihr Himmel" der Gemeinde in den Mund gelegt, während die anderen Bestandteile der "Wechselgesänge" die Hirten und die Engel versinnbildlichen. Zumindest in Ansätzen wird in dieser Quelle – ähnlich wie in der alten Weihnachtshistorie oder im Oratorium – das Heilsgeschehen dramatisiert.

IV. Ungeachtet der literarischen und theologischen Qualität des Liedes wurde es erst spät, nämlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in evangelische Gesangbücher aufgenommen. Durch die Verbindung mit der Melodie "Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren" wurde die Rezeption stark befördert. Nach dem Abdruck im "Evangelischen Kirchengesangbuch" 1951 (ohne die achte Strophe) folgte ein Vierteljahrhundert später das katholische Einheitsgesangbuch "Gotteslob". Allerdings wurde das Lied dort empfindlich gekürzt (Wegfall der Strophen 5, 6 und 8). Schließlich ist die vertraute Anrede "Süßer Immanuel" durch "Treuer Immanuel" ersetzt worden. Das "Evangelische Gesangbuch" von 1993 bietet sieben Strophen, versehen mit einer barock anmutendenden, ariosen Melodie von Rudolf Mauersberger (1889–1971) aus dem Jahr 1926 (Edition C).

MICHAEL FISCHER
(Januar 2006 / Juli 2007)



Literatur
  • Christa Reich: Jauchzet, ihr Himmel, frohlocket, ihr Engel, in Chören. In: Handbuch zum Evangelischen Gesangbuch. Bd. 3: Liederkunde. Hrsg. von Gerhard Hahn und Jürgen Henkys. Heft 4. Göttingen 2002, S. 21–25.
  • Gustav Adolf Benrath: Jauchzet, ihr Himmel. In: Kirchenlied im Kirchenjahr. Fünfzig neue und alte Lieder zu den christlichen Festen. Hrsg. von Ansgar Franz. Tübingen 2002, S. 115–122.
  • Horst Nitschke, Alfred Stier: Jauchzet, ihr Himmel. In: Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch. Hrsg. von Christhard Mahrenholz und Oskar Söhngen. Bd. III,1: Liederkunde. Göttingen 1970, S. 201ff.

Editionen und Referenzwerke

Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: —
  • Gedruckte Quellen: sehr selten in Gebrauchsliederbüchern, häufig in Kirchengesangbüchern
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: einzelne Tonträger
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Darüber hinaus wurden auch die Bestände des Gesangbucharchivs Mainz sowie (hinsichtlich der Tonträger) des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Michael Fischer: Jauchzet ihr Himmel (2007). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/jauchzet_ihr_himmel/>.


© Deutsches Volksliedarchiv
last modified 12.10.2012 01:12
 

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