Edition E: Parodie Liedflugschrift 1813 copied.
E. Ich bin der Schlächter Bonapart
(Parodie Liedflugschrift 1813)
Text: anonym
Neue Volkslieder. | ||
Das Erste. | ||
Mel. Ich bin der Doctor Eisenbart. | ||
1. | Ich bin der Schlächter Bonapart; | |
Ich schlacht das Vieh nach meiner Art; | ||
Ich mach die graden Glieder krumm, | ||
Und die gescheiden Menschen dumm. | ||
2. | Ich stamm vom Metzger Bona her; | |
Und würge wie ein wilder Bär, | ||
Und meine gnädige Mamma, | ||
War eine Magd in Corsika. | ||
3. | Auch heiße ich Napoleon; | |
Ich stahl mir einen blut’gen Thron; | | [S. 2] | |
Allein es währt nur kurze Zeit, | ||
Die frech gestohlne Herrlichkeit. | ||
4. | Die Schlacht war meiner Seele Trost; | |
Und Menschenfleisch die Lieblings-Kost, | ||
Ich trank das Blut statt Moselwein, | ||
Und schlürfte Wittwen-Thränen ein. | ||
5. | Der Mückenheld Domitian, | |
War gegen mich ein kleiner Mann; | ||
Ich hab mehr Menschen abgeschlacht; | ||
Als dieser Fliegen umgebracht. | ||
6. | Ich war halt keinem Menschen gut, | |
Und schor das Volk bis auf das Blut, | ||
Nun bietet man im Gegentheil | ||
Selbst meine Haut zu scheren feil. | ||
7. | Aus Potsdam einst vertriebe ich; | |
Den Bruderssohn von Friederich, | ||
Und nun, o Himmel! steh mir bey, | ||
Drückt Preußen mir das G’nick entzwey. | ||
8. | Zu Ulm am Donaustrand, o weh, | |
Curirt’ ich Oesterreichs Armee, | ||
Nun hat das Blätt’gen sich gewandt; | ||
Und Oestreich spuckt in meinem Land. | [S. 3] | ||
9. | Ich gieng beym Teufel in die Schul, | |
Und jagt’ den Pabst vom Petersstuhl, | ||
Nun hat mich in den Kirchenbann, | ||
Der Pabst aus Dankbarkeit gethan. | ||
10. | Ich wollt Europas Kaiser seyn; | |
Und zog darum in Moskau ein, | ||
Doch schlecht bekam mir diese Reis, | ||
Mein halbes Heer erfror zu Eis. | ||
11. | Der Teufel hohl die Moskowa; | |
Ich fand mein erstes Unglück da, | ||
Er hohle auch die Beresin’, | ||
Des Heeres Rest ersoff darinn. | ||
12. | Ich plünderte die halbe Welt; | |
Ich nahm von Freund und Feinde Geld; | ||
Nun holt, o großes Ungelück, | ||
Sich Freund und Feind den Raub zurück. | ||
13. | Die Könige die ich gemacht, | |
Erklären mich jetzt in die Acht, | ||
Und selbsten meiner Schwester Mann, | ||
Schließt sich an meine Feinde an. | ||
14. | Ich hab das Völkerrecht verletzt, | | [S. 4] |
Und manche Fürsten abgesetzt, | ||
Nun kommt die Reihe auch an mich, | ||
Mein eigen Volk läßt mich im Stich. | ||
15. | Was wird am Ende noch aus mir, | |
Der Russe setzt mich vor die Thür, | ||
Die Tochter nahm der Franz zurück, | ||
Mir bleibt nichts übrig als der Strick. |
Neue Volkslieder. / 1. Ich bin der Schlächter Bonapart, ich etc. / 2. Napoleon sprach zum Kaiser Alexander, etc. / 3. Wer so aus Rußland wandern muß, etc. / Nro. 63. [Liedflugschrift ohne Angabe von Erscheinungsort, -jahr und Verlag], o. S.
DVA: Bl 2294 (Kopie; Original: Zürich Gal XVIII 1636/8a)
Editorische Anmerkung:
Dass die Liedflugschrift 1813 erschienen ist, lässt sich aus den Zeitbezügen des Textes ableiten. Vgl. hierzu auch die ausführlichen Erläuterungen zur Edition eines anderen Flugblattdruckes des gleichen Liedes in: Historische Volkslieder und Zeitgedichte vom sechzehnten bis neunzehnten Jahrhundert. Gesammelt und erläutert von August Hartmann. 3. Band: Von 1756 bis 1879. München 1913, S. 129–132 (Nr. 249).
last modified
24.08.2009 01:06