Edition A: Frühdruck des Liedtextes 1818 copied.
A. Ich bin der Doktor Eisenbart
(Frühdruck des Liedtextes 1818)
Text: anonym
Der Doctor Eisenbart. | ||
1. | Ich bin der Doktor Eisenbart, | |
Kurir' die Leut' nach meiner Art, | ||
Kann machen, daß die Blinden geh'n, | ||
Und daß die Lahmen wieder seh'n. | ||
2. | Zu Wimpfen accouchirte ich | |
Ein Kind zur Welt gar meisterlich. | ||
Dem Kind zerbrach ich sanft das G'nick, | ||
Die Mutter starb zum großen Glück. | ||
3. | In Potsdam trepanirte ich | |
Den Koch des großen Friederich. | ||
Ich schlug ihm mit dem Beil vor'm Kopf, | ||
Gestorben ist der arme Tropf. | ||
4. | Zu Ulm kurirt' ich einen Mann, | |
Daß ihm das Blut am Beine rann. | ||
Er wollte gern gekuhpockt seyn, | ||
Ich impft's ihm mit dem Bratspieß ein. | ||
5. | Des Küsters Sohn in Dideldum | |
Dem gab ich zehn Pfund Opium, | ||
Drauf schlief er Jahre, Tag und Nacht, | ||
Und ist bis jetzt noch nicht erwacht. | | [S. 369] | |
6. | Sodann dem Hauptmann von der Lust | |
Nahm ich drei Bomben aus der Brust; | ||
Die Schmerzen waren ihm zu groß. | ||
Wohl ihm! er ist die Juden los. | ||
7. | Es hatt' ein Mann in Langensalz | |
Ein'n Centner schweren Kropf am Hals, | ||
Den schnürt ich mit dem Hemmseil zu, | ||
Probatum est, er hat jetzt Ruh! | ||
8. | Der Schulmeister von Itzehöh' | |
Litt dreißig Jahr' an Diarrhoe, | ||
Ich gab ihm Cremor Tart'ri ein; | ||
Er gieng zu seinen Vätern ein. | ||
9. | Es litt ein Mann am schwarzen Staar | |
Das Ding das ward ich gleich gewahr; | ||
Ich stach ihm beide Augen aus, | ||
Und so bracht ich den Staar heraus. | ||
10. | Der schönen Mamsell Pimpernell | |
Zersprang einmal das Trommelfell; | ||
Ich spannt' ihr Pergament vor's Ohr, | ||
Drauf hörte sie grad' wie zuvor. | ||
11. | Zu Prag da nahm ich einem Weib | |
Zehn Fuder Steine aus dem Leib. | | [S. 370] | |
Der letzte war ihr Leichenstein. | ||
Die wird wohl jetzt kuriret seyn. | ||
12. | Das ist die Art wie ich kurir', | |
Sie ist probat, ich bürg' dafür. | ||
Daß jedes Mittel Wirkung thut, | ||
Schwör' ich bei meinem Doktorhut. |
Neues Commersbuch. Germania [Göttingen]: [ohne Verlagsangabe] 1818, S. 368–370.
DVA: V 6/1110
Editorische Anmerkung:
Im Vergleich zu vorangegangenen Liederbüchern umfasst "Ich bin der Doktor Eisenbart" hier drei Strophen mehr (Str. 8–10). Möglicherweise handelt es sich bei dieser erweiterten um die ursprüngliche Fassung des Liedes (vgl. Kommentar, Abschn. III). Die ansonsten nur minimale Textvarianz in den Publikationen der Jahre 1815ff. ist ein Beleg für das damals erst geringe Alter des Liedes. Vgl. Süddeutsche Thalia, enthaltend eine Sammlung der auserlesensten Gesänge teutscher Dichter. Reutlingen 1814, S. 270–272 (Nr. 200); Norddeutsche Thalia, enthaltend eine Sammlung der auserlesensten Gesänge teutscher Dichter. Osnabrück o. J. [1814], S. 270–272 (Nr. 200); Rheinische Thalia, enthaltend eine Sammlung der auserlesensten Gesänge deutscher Dichter Köln o. J. [1815], S. 309f. (Nr. 181); Auswahl der schönsten Lieder und Gesänge für fröhliche Gesellschaften […], gesammelt und hrsg. von J. M. Bauer. 2. vermehrte Aufl. Nürnberg 1815, S. 179f. (Nr. 93); Auserlesene Gesellschafts-Lieder. Neue verbesserte und vermehrte Ausgabe. Heidelberg 1815, S. 270–272 (Nr. 200).
Worterklärung Str. 8: "Cremor tartari" ist die pharmazeutische Bezeichnung für gereinigten gebrannten Weinstein. Beim Durchgang durch den Körper wird der Weinstein in kohlensaures Kali verwandelt. Er wirkt bei anhaltendem Gebrauch harntreibend und vermindert den Appetit. Große Dosen wirken giftig. Man benutzt ihn bei Entzündungen, als gelindes Abführmittel und auch zum Reinigen der Zähne.
last modified
30.08.2012 11:26