Frisch auf zum fröhlichen Jagen, es ist nun an der Zeit
Zu den viel gesungenen Liedern der Befreiungskriege zählt das Anfang 1813 von Friedrich de la Motte Fouqué geschaffene "Frisch auf zum fröhlichen Jagen, / es ist nun an der Zeit". In Liederbüchern lässt es sich bis zum Ersten Weltkrieg belegen.
I. Zur Melodie des Liedes "Auf, auf zum fröhlichen Jagen" verfasste Friedrich de la Motte Fouqué (1777–1843) im Februar 1813 unter dem Eindruck der Kriegsvorbereitungen gegen die Armee Napoleons einen aktualitätsbezogenen neuen Text ("Frisch auf zum fröhlichen Jagen, / es ist nun an der Zeit"). Am 3. Februar 1813 war ein Aufruf des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. zur Bildung freiwilliger "Jäger-Detachements" ergangen, die das stehende Heer verstärken sollten. Als Anführer eines Trupps von "Jäger-Jünglingen" machte sich der als Schriftsteller tätige Baron Fouqué (z. B. romantische Erzählung "Undine", 1811) nach Breslau auf, wo sich die preußische Armee sammelte. Unterwegs dorthin habe man "fröhlich und frisch" gesungen, berichtet er in seinen Lebenserinnerungen, und nennt in diesem Zusammenhang sein "Frisch auf zum fröhlichen Jagen". Am 16. März erfolgte die Kriegserklärung an Frankreich. Während der Befreiungskriege sei sein Lied dann "durch das ganze Preußische Heer" erklungen, so Fouqué rückblickend, "mitunter auch wohl noch weiter". Mitte 1813 wurde es unter dem Titel "Kriegslied für die freiwilligen Jäger" in einer Sammlung mit weiteren kriegsbezogenen Gedichten und Liedtexten Fouqués erstmals veröffentlicht (Edition A).
II. Fouqué nimmt in seinem "Kriegslied für die freiwilligen Jäger" unmittelbar Bezug auf dessen Entstehungskontext: "Der König hat gesprochen: / Wo sind meine Jäger nun? / Da sind wir aufgebrochen, / ein wackres Werk zu thun" (Edition A, Str. 2). Das "wackre Werk", das es zu tun galt, lag nach dem Verständnis vieler Zeitgenossen nicht nur darin, Frankreich zu besiegen und damit die Napoleonische Herrschaft zu brechen. Der Waffengang wurde zugleich als entscheidender Schritt hin zur Schaffung eines Nationalstaates verstanden ("Wir woll'n ein Heil erbauen / für all' das deutsche Land"). Die Befreiungskriege waren Auslöser einer insgesamt enormen lyrischen Produktion: Als Medium der Mobilisierung und kollektiven Verständigung spielten Gedichte und Lieder eine nicht zu unterschätzende Rolle (s. Ernst Weber 1991). Die Liedautoren griffen dabei meist auf bereits breit bekannte Melodien zurück. So wurde auch die Weise von "Auf, auf zum fröhlichen Jagen" noch einige weitere Male verwendet, wobei vermutet werden kann, dass dabei Fouqués "Kriegslied für die freiwilligen Jäger" eine gewisse Vorbildfunktion besaß. Zur gleichen Melodie schrieben 1813 z. B. Friedrich Zuckschwerdt das "Kriegslied der Deutschen Jäger" ("Frisch auf, zum fröhlichen Jagen, / die Franken verfolget voll Muth") und Max von Schenkendorf ein Fouqué gewidmetes "Soldaten-Morgenlied" ("Erhebet euch von der Erde, / ihr Schläfer, aus der Ruh").
III. Eine Reihe von Liedern, die während der Befreiungskriege entstanden sind, wurde auch nach dessen Ende weiter tradiert und gepflegt, darunter Fouqués "Kriegslied für die freiwilligen Jäger". Ein Anlass, zu dem diese Lieder gesungen wurden, waren etwa die Gedenkfeiern zum Jahrestag der siegreichen "Leipziger Völkerschlacht" (16.–19. Oktober 1813). Wohl für eine solche Gedenkfeier schuf Friedrich Christoph Förster (1791–1868), der später eine mehrbändige Geschichte der Befreiungskriege vorlegte, ein auf Fouqués "Frisch auf zum fröhlichen Jagen" unmittelbar Bezug nehmendes Lied (Edition B): "Frisch auf zum fröhlichen Jagen! / So rief der Hörner Klang, / so rief in frohen Tagen / der muntre Jagdgesang; / verklungen sind die Lieder, / die blanken Waffen ruhn; / wir aber fragen wieder: / Wo sind die Jäger nun?" (vor 1821). Anfänglich hatten solche Gedenkfeiern durchaus oppositionellen Charakter (z. B. Wartburgfest 1817), war doch mit Schaffung des Deutschen Bundes als bloß lockerer Föderation dynastisch geprägter Territorialstaates auf dem Wiener Kongress 1815 der breite Wunsch nach einem gemeinsamen Vaterland unerfüllt geblieben. In der Restaurationszeit entwickelte sich in Preußen ein "neuer Typus von Gedenkfeiern zu den Befreiungskriegen" (Weber 1991), die zu patriotischen Veranstaltungen zum Lob des Königs und allein des preußischen Vaterlandes wurden. Das führte auch zur impliziten Umdeutung von Liedern. Die in Fouqués "Frisch auf zum fröhlichen Jagen" thematisierte Kriegsteilnahme der freiwilligen Jäger wurde nun als Gefolgschaft gegenüber dem preußischen König und nicht mehr im Sinne der Erfüllung einer übergeordneten patriotischen Pflicht verstanden. Bis in die 1860er Jahre gehörte Fouqués "Frisch auf zum fröhlichen Jagen" zum Kanon der Lieder der Befreiungskriege (Edition C), danach geht die Zahl der Rezeptionsbelege deutlich zurück. Nach dem Ersten Weltkrieg ist es in Gebrauchsliederbüchern nicht mehr zu finden.
TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: JOHANNA ZIEMANN
(Februar 2012)
Editionen und Referenzwerke
- Hoffmann/Prahl 1900, S. 100 (Nr. 470).
- Böhme, Volksthüml. Lieder 1895, S. 45f. (Nr. 55).
Weiterführende Literatur
- Ernst Weber: Lyrik der Befreiungskriege (1812–1815). Gesellschaftspolitische Meinungs- und Willensbildung durch Literatur. Stuttgart 1991 (Germanistische Abhandlungen 65); zur Umdeutung von Fouqués "Frisch auf zum fröhlichen Jagen" ab 1830 in Preußen vgl. S. 14.
- Lebensgeschichte des Baron Friedrich de La Motte Fouqué. Aufgezeichnet durch ihn selbst. Halle 1840 (Zitat S. 313).
Quellenübersicht
- Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
- Gedruckte Quellen: im 19. Jahrhundert häufig in Gebrauchsliederbüchern
- Bild-Quellen: —
- Tondokumente: —
Zitiervorschlag
Tobias Widmaier: Frisch auf zum fröhlichen Jagen, es ist nun an der Zeit (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/frisch_auf_zum_froehlichen_jagen_es_ist_nun_an_der_zeit/>.
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