E. Es wollt' ein Schneider wanderen
(Zupfgeigenhansl 1910)
Text: anonym
Melodie: P. Meingosus Gaelle (1758–1816)
1. | Es wollt' ein Schneider wanderen | |
am Montag in der Fruh, | ||
begegnet ihm der Teufel, | ||
hat weder Strümpf noch Schuh. | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
du mußt mit mir in d' Höll', | ||
du mußt uns Teufel kleiden, | ||
es gehe, wie es wöll.["] | | [S. 104] | |
2. | Sobald der Schneider in d' Höllen kam, | |
nahm er sein Ellenstab, | ||
er schlug den Teufeln die Buckel voll, | ||
die Höll' wohl auf und ab. | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
mußt wieder aus der Höll'! | ||
Wir brauchen nicht das Messen, | ||
es gehe, wie es wöll." | ||
3. | Nachdem er all' gemessen hat, | |
nahm er sein' lange Scher. | ||
Und stutzt den Teufeln d' Schwänzel ab, | ||
sie hupften hin und her. | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
pack' dich nur aus der Höll'! | ||
Wir brauchen nicht das Stutzen, | ||
es gehe, wie es wöll." | ||
4. | Da zog er's Bügeleisen raus | |
und warf's ins Höllenfeu'r; | ||
er strich den Teufeln d' Falten aus, | ||
sie schrieen ungeheuer: | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
geh' du nur aus der Höll', | ||
wir brauchen nicht das Bügeln, | ||
es gehe, wie es wöll!" | ||
5. | Er nahm den Pfriemen aus dem Sack | |
und stach sie in die Köpf'. | ||
Er sagt: Halt still, ich bin schon da, | ||
so setzt man bei uns die Knöpf'. | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
geh' einmal aus der Höll'! | ||
Wir brauchen keine Knöpfe, | ||
es gehe, wie es wöll." | ||
6. | Da nahm er Nadel und Fingerhut, | |
und fing zu nähen an, | ||
er flickt den Teufeln die Naslöcher zu, | ||
so eng er immer kann. | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
pack' dich doch aus der Höll'! | ||
Wir können nimmer schnaufen, | ||
es gehe, wie es wöll." | ||
7. | Nach diesem kam der Luzifer | |
und sagt: es ist ein Graus; | ||
kein Teufel hat ein Schwänzel mehr, | ||
jagt ihn zur Höll' hinaus. | ||
"Hehe, du Schneiderg'sell, | ||
nun pack' dich aus der Höll'! | ||
Wir brauchen keine Kleider, | ||
es gehe, wie es wöll." | ||
8. | Nachdem er nun hat aufgepackt, | |
da war ihm erst recht wohl, | ||
er hüpft und springet unverzagt, | ||
lacht sich den Buckel voll, | ||
ging eilends aus der Höll', | ||
und blieb ein Schneiderg'sell. | ||
Drum holt der Teufel kein' Schneider mehr, | ||
er stehl so viel er wöll. |
Der Zupfgeigenhansl. Hrsg. von Hans Breuer. Dritte Aufl. (5.-7. Tausend). Leipzig: Hofmeister 1910, S. 103f.
DVA: V 1/1687
Dort folgende Angabe zur Herkunft des Liedes: "1777."
Editorische Anmerkung:
In der 1. Auflage des "Zupfgeigenhansl" (1909) ist das Lied noch nicht enthalten. – Die Angabe "1777" bezieht sich auf die 1777 Jahr angelegte Liederhandschrift des Benediktiners P. Meingosus Gaelle (vgl. Edition B), die Emil Karl Blümml 1911 ediert hat (in: Mitteilungen für Salzburgische Landeskunde; 1912 als separate Publikation). Auf welchem Weg Hans Breuer davon vorab schon Kenntnis erhalten hat, ist unklar.
last modified
30.11.2011 10:56