Edition A: Heinrich Albert 1642 copied.
Edition A: Älteste weltliche Überlieferung 1516 copied.
A. Es wollt ein Jäger jagen, Wollt jagen vor einem Holz
(Älteste weltliche Überlieferung 1516)
Text: anonym
1. | Es wollt ein Jäger jagen, | |
Wollt jagen vor einem Holz, | ||
Da giengen auf der Heide | ||
Drei Dirnlein, die waren stolz. | ||
2. | Die eine hieß Christeinlein | |
Die andre Madelin. | ||
Die dritt die hätt kein Namen, | ||
Die führt der Jäger hin. | | [S. 297] | |
3. | Da nahm ers bei der Hande | |
Schwangs hinter ihn (sich) uf das Roß, | ||
Er führts gen Angelberge, | ||
Gen Angelberg in das Schloß. | ||
4. | Und da er gen Angelberg kam | |
Wohl unter das hohe Haus, | ||
Da lugt der edele Herre | ||
Zu einem Laden heraus. | ||
5. | 'Bis Gott willkummen, Jäger! | |
Jäger, mein trauter Gesell! | ||
Hast mir das Thierlein fangen, | ||
Darnach ich so lang han gestellt? | ||
6. | Ach Jäger, lieber Jäger, | |
Führ mirs in mein Gaden, | ||
Und leg mirs an das Bette, | ||
Wol an mein weißen Arm!' | ||
7. | Sie lagen bei einander | |
Bis in die dritte Stund: | ||
'Kehr dich, feins Lieb, herumme, | ||
Beut mir dein rothen Mund!' | ||
8. | "Ich kehr mich nicht herumme, | |
Ich wär viel lieber daheim | ||
Bei meiner lieben Mutter, | ||
Die ließ ich nächten allein." | ||
9. | 'Ach Jäger, lieber Jäger, | |
Nun führ sie unter das Thor, | ||
Und laß das Thierlein laufen | ||
So ist als frisch als vor.' | ||
10. | "'Ach nichte, edler Herre! | |
Und zahlent dem Thierlein sein Ehr; | ||
Es hat sie bei euch verloren | ||
Und findt sie doch nimmermehr.'" | ||
11. | Da zog er ab der Hande | |
Von Gold ein Fingerlein: | ||
'Sieh hier du mein feins Mägetlein, | ||
Darbei gedenk du mein!' | ||
12. | "'Was soll mir das roth Goldfingerlein, | |
So ichs doch nit tragen sollt | ||
Vor Ritter und vor Knechten | ||
Das Silber und auch das Gold?'" | ||
13. | Da zog sie ab ihr Kränzelein, | |
Warfs in das grüne Gras; | ||
"Ich han dich gerne tragen | ||
Dieweil ich Jungfrau was!" | ||
14. | Auf hub sie wol ihr Kränzelein, | |
Warfs in den grünen Klee: | ||
"Gesegne dich Gott, mein Kränzelein, | ||
Ich seh dich nimmermeh!" |
Heidelberger Handschrift Nr. 109 (Krölls Handschrift von 1516), Bl. 104f. Zit. nach: Ludwig Erk, Franz M. Böhme: Deutscher Liederhort. Auswahl der vorzüglicheren Deutschen Volkslieder, nach Wort und Weise aus der Vorzeit und Gegenwart gesammelt und erläutert. Bd. 3. Leipzig 1894, S. 296f. (Nr. 1435).
DVA: V 1/3134, b-3
Editorische Anmerkung:
Die Edition "Deutscher Liederhort" dokumentiert zu diesem Liedtyp drei verschiedene Melodiefassungen, die jedoch aus späteren Quellen stammen (ab 1533).
last modified
27.08.2012 12:30