E. Der Mai ist gekommen
(Gewerkschaftslied 1978)
Text: Kurt Mehl
Mailied der Erwerbslosen | ||
1. | Der Mai ist gekommen, der Setzer flog raus | |
und fegt, wenn er Glück hat, die Lagerhalle aus! | ||
Der Computer, was tut er? Na, er ersetzt die Arbeitskraft, | ||
und so wird elektronisch der Fortschritt geschafft! | ||
2. | Herr Otto Graf Lambsdorff, daß Gott Euch behüt! | |
Wer weiß, wann in der Ferne das Glück uns noch blüht? | ||
Ich lieg' auf der Straße, wo früher ich ins Werk marschiert, | ||
und bin bei Herrn Stingl auf Dauer abonniert! | ||
3. | Frisch auf drum, frisch auf drum, im hellen Sonnenlicht; | |
wer da sucht, der wird finden, nur Arbeit find't er nicht! | ||
Die Volksreden klingen aus Bonn berauschend allemal, | ||
und ich putze die Klinken, die Lage ist fatal. | ||
4. | Auf Endstation Sozialamt, da kehrt' ich neulich ein: | |
"Herr Amtmann, ich bitte, Sie mögen mir verzeih'n! | ||
Gewähret aus Güte mir einen neuen Zuschuß noch, | ||
denn von meinem Bau die Miete, die ist mir zu hoch!" | ||
5. | Und flieg' ich auch dort raus, so lieg' ich zur Nacht | |
wohl unter blauem Himmel, der Datenschutz hält Wacht; | ||
die Deutschmark wird weltstark, der Kanzler mahnt zur Bürgerruh', | ||
und ich decke mich einstweilen mit Fehlanzeigen zu! |
Kurt Mehl: Alte Lieder neu. In: Welt der Arbeit. Wochenzeitung des Deutschen Gewerkschaftsbundes 29 (1978), Nr. 18 (4. Mai 1978).
DVA: B 50245
Editorische Anmerkung:
Der in Strophe 2 genannte Otto Graf Lambsdorff war zum Zeitpunkt der Liedveröffentlichung Bundeswirtschaftsminister, Josef Stingl Präsident der Bundesanstalt für Arbeit.
last modified
27.08.2012 12:46