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B. Das traurige Schicksal hat uns übernommen
(Wolgaregion 1915–1918)
B 1. "Wenn kein Krieg vorhanden ist, dann gehn wir wieder nach Haus"
(Wolgaregion 1915–1918)
Text und Melodie: anonym
Das traurige Schicksal hat uns übernommen | ||
1. | Das traurige Schicksal hat uns übernommen, | |
Daß der russische Kaiser uns zu Soldaten hat genommen, | ||
Die Reih' die war an mir, | ||
Sonst könnt' ich bleiben hier. | ||
Aber ich muß scheiden, | ||
Und ihr bleibet hier. | ||
2. | Vater und Mutter lassen sich nicht trösten, | |
Die Allmacht des Schöpfers, die weiß es am besten. | ||
Frau und Kind zu verlassen, | ||
Das ist für mich das Schlimmst'. | ||
Jetzt schreib ich hier ein' Brief, | ||
Das gibt mein' Herz ein' Stich. | ||
3. | Keiner wird's wissen, wie's mir am Herzen ist, | |
Jetzt gehn wir nach Saratow wohl auf den breiten Straßen. | ||
Dort müssen wir 'rumlaufen | ||
Wie die verlorne Schaf', | ||
Dort müssen wir 'rumlaufen | ||
Wie die verlorne Schaf'. | ||
4. | Ei, ei, was machen wir? Wir gehn jetzt ins Quartier, | |
Vielleicht krieg'n wir was zu essen, ei sonst verhungern wir. | ||
Jetzt gehn wir oben naus | ||
Bis vor das hohe Haus. | ||
Wenn kein Krieg vorhanden ist, | ||
Dann gehn wir wieder nach Haus. |
Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung durch Georg Schünemann. Die Gewährsperson stammt aus der Kolonie Unterwalden (Samara). Schünemanns Aufzeichnungen entstanden 1915–1918 in deutschen Kriegsgefangenenlagern. Ediert in: Georg Schünemann: Das Lied der deutschen Kolonisten in Russland. München 1923, S. 380 (Nr. 425).
DVA: V 1/19725
Dort folgende Anmerkung zum Text: "Nach dem Diktat des Sängers."
B 2. "Die Deutschen sein getreu, die Russen han die Läus"
(Wolgaregion 1915–1918)
Text und Melodie: anonym
Rekruten1) | ||
1. | Ein trauriges Schicksal hat uns jetzt übernommen, | |
Dieweil uns der Kaiser zu Soldaten hat genommen. | ||
Die Reih, die war an mir, | ||
Sonst könnt' ich bleiben hier, | ||
Weil aber ich muß scheiden, | ||
Und ihr bleibt alle hier. | ||
2. | Ihr Eltern, ich muß fort, | |
Hier aus dem schönen Ort. | ||
So Vater und Mutter, gut Nacht adjes! | ||
Das ist mein letztes Wort. | ||
3. | Wenn ich mal schreib an euch, | |
So gedenket meiner gleich, | ||
Und bittet den lieben Herrgott, | ||
Daß wir kommen in das Himmelreich. | ||
4. | Der Himmel ist so rot, | |
So rot als wie das Blut, – | ||
Ach Gott, was soll's bedeuten? | ||
Soll das Soldatenblut? | ||
5. | Jetzt gehn wir nach Kamischinka | |
Wohl in das hohe Haus, | ||
Dort werden wir geschoren | ||
Und kommen gleich wieder heraus2). | ||
6. | Drum gehn wir nach Saratow | |
Wohl in die große Straß'. | ||
Dort werden wir umlaufen | ||
Wie die verlornen Schaf. | ||
7. | Des Morgens kam ein Offizier: | |
"Seid ihr noch alle hier? | ||
Ich will euch broweschiren3) | ||
Bis vor den Souvenier4)." | ||
8. | Die Deutschen sein getreu, | |
Die Russen han die Läus, | ||
Drum hat er uns gezogen | ||
Zu seiner Reiterei. |
Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung durch Dr. Stephan Gruß, o. J. [vermutlich 1915–1918]. Die Gewährsperson stammt aus der Wolgaregion. Gruß machte seine Aufzeichnungen in österreichischen Kriegsgefangenenlagern. Ediert in: Georg Schünemann: Das Lied der deutschen Kolonisten in Russland. München 1923, Nr. 426, S. 380 f.
DVA: V 1/19725
Dort folgende Anmerkungen nach dem Notensatz: "Die weiteren Strophen werden sämtlich nach der Melodie der 2. [Strophe] gesungen."
Außerdem folgende Erläuterungen zu den Fußnoten:
1) Notierung von Dr. Stephan Gruss.
2) auch: "und kommen gleich wieder nach Haus."
3) einkleiden.
4) Ein anderer Kolonist schrieb hier "Gouvenier", Gouverneur.
last modified
18.03.2010 12:03