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Morgenglanz der Ewigkeit


Beim Lied "Morgenglanz der Ewigkeit" handelt es sich um einen geistlichen Morgengesang. Verfasst wurde dieser vom schlesischen Dichter Christan Knorr von Rosenroth im 17. Jahrhundert. Heute wird das Lied sowohl von katholischen als auch evangelischen Christen im Gottesdienst als Morgen- und Christuslied gesungen.

I. Christian Knorr von Rosenroth (1636–1689) trat sowohl als Dichter als auch als Naturforscher und Kabbalist hervor. Den Gesang "Morgen-Glantz der Ewigkeit" hat er 1684 in seiner Schrift "Neues Helicon mit seinen neun Musen" veröffentlicht (Edition A). Diese Schrift enthält "Geistliche Sitten-Lieder / Von Erkäntniß der wahren Glückseligkeit", wie der Titel verrät. Sie waren zunächst für die Hausandacht bestimmt und nicht für den Gottesdienst. Die ursprünglich beigegebene ariose Melodie konnte sich nicht durchsetzen. Schnell verbreitet hat sich hingegen jene, die erstmals im Freylinghausenschen Gesangbuch von 1704 abgedruckt wurde (Edition B). Diese Weise, deren Stollen auf eine Aria Johann Rudolph Ahles (1625–1673) zurückgeht ("Seele, was ist Schöners wohl"), wird bis heute – allerdings in veränderter Form – gesungen. In der Vergangenheit wurde diese Weise mit dem Lied "Seelchen, was ist schöners wohl" von Johann Rudolph Ahle in Verbindung gebracht. Allerdings zeigt ein genauerer Vergleich, dass nur das charakteristische Kopfmotiv identisch ist.

II. Das Lied beschreibt den "Morgen-Glantz der Ewigkeit": Die aufgehende Sonne wird allegorisch auf Jesus Christus bezogen, der als Sohn Gottes ("Licht vom unerschöpften Lichte") die Nacht vertreiben soll. Strophe 2 variiert das Bild und bezieht die Finsternis auf die (Erb-)Sünde. Die sich daran anschließenden Strophen bitten um ein gottgefälliges Leben. Dabei stehen allerdings geistliche Güter im Vordergrund, nicht ethische Maximen. Strophen 6 und 7 sind eschatologisch ausgerichtet: Die "Gnaden-Sonne" (Jesus Christus) soll nicht nur im diesseitigen, sondern auch im jenseitigen Leben leuchten.

III. Bis in das 20. Jahrhundert war dieses Lied nur in der evangelischen Tradition beheimatet. Im Verlauf der Rezeptionsgeschichte musste sich das Lied mannigfache Texteingriffe gefallen lassen. Zwei Textstrophen waren im 19. Jahrhundert umstritten: Strophe 2 mit der Formulierung "Adams Apfelbiss" (Bezug zur Erbsünde) und Strophe 5 mit der Anspielung auf das Blut des Neuen Bundes (Bezug zur Erlösung durch Christi Tod). Teilweise wurden diese überarbeitet – beispielsweise im Schlesischen Provinzial-Gesangbuch von 1911 (Edition C) – oder ganz gestrichen. Wohl deshalb setzte sich evangelischerseits eine fünfstrophige Fassung durch, die spätestens mit dem "Deutschen Evangelischen Gesangbuch" (Berlin 1915) kanonisiert wurde (Edition D).

IV. Die katholische Rezeption des Liedes beginnt erst mit der Sammlung "Kirchenlied" (1938). Dort wurden nur die Strophen 1, 3 und 4 der ursprünglichen Dichtung beibehalten. Für das Einheitsgesangbuch "Gotteslob" (1975) wurde eine Neubearbeitung in Auftrag gegeben: Maria Luise Thurmair (1912–2005) hat zur ersten Strophe drei weitere hinzugedichtet, die in archaischer Sprache die Lichtmetaphorik entfalten (Edition E).

V. Außerhalb christlicher Gesang- und Liederbücher findet sich Knorrs Gesang eher selten, vielleicht deshalb, weil eine naturalistische Rezeption der christologisch und soteriologisch durchtränkten Morgen-Symbolik nicht möglich ist. Kulturgeschichtlich bemerkenswert ist, dass die prägnante Formulierung "Morgenglanz der Ewigkeit" im 20. Jahrhundert für zahlreiche Buchpublikationen aus den Bereichen religiöse Lyrik, Predigt und Erbauung gewählt wurde. Auch die Zeitschrift der Christian Knorr von Rosenroth-Gesellschaft (1991ff.) firmiert unter dem Namen "Morgen-Glantz".

MICHAEL FISCHER
(Januar 2006 / September 2007)



Literatur
  • Eberhard Schmidt: "Morgenglanz der Ewigkeit". In: Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Hrsg. von Gerhard Hahn und Jürgen Henkys. Heft 8. Göttingen 2003, S. 42–48.
  • Alex Stock: "Morgenglanz der Ewigkeit". In: Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. Hrsg., vorgestellt und erläutert von Hansjakob Becker u.a. München 2001, S. 320–328.
  • Heinz Hoffmann: "Morgenglanz der Ewigkeit". In: Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch. Bd. III,2: Liederkunde. Hrsg. von Joachim Stalmann und Johannes Heinrich. Göttingen 1990, S. 438–441.


Editionen und Referenzwerke
Weiterführende Literatur
  • Hildegard Eilert: Ein barocker Vers ["Morgenglanz der Ewigkeit"] als Markenzeichen protestantischer Frömmigkeit. Zur Rezeption von Knorr von Rosenroth im 20. Jahrhundert. In: Morgen-Glantz. Zeitschrift der Christian Knorr von Rosenroth-Gesellschaft 14 (2004), S. 307–322.
  • Hans-Bernhard Schönborn: Die Morgenröte. Eine Naturerscheinung in Literatur und Kirchenlied. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 23 (1979), S. 145–157.


Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: keine Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: häufig in Kirchengesangbüchern, gelegentlich in Gebrauchsliederbüchern,
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: einige Tonträger
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Darüber hinaus wurden auch die Bestände des Gesangbucharchivs Mainz sowie (hinsichtlich der Tonträger) des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Michael Fischer: Morgenglanz der Ewigkeit (2007). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/morgenglanz_der_ewigkeit/>.


© Deutsches Volksliedarchiv
last modified 16.10.2012 09:34
 

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