Edition C: Vertonung Johann Friedrich Reichardt 1781 copied.
C. Komm, lieber Mai, und mache
(Vertonung Johann Friedrich Reichardt 1781)
Text: Christian Adolf Overbeck (1755–1821)
Musik: Johann Friedrich Reichardt (1752–1814)
Sehnsucht nach dem Frühlinge. | ||
1. | Komm, lieber Mai, und mache | |
Die Bäume wieder grün, | ||
Und laß mir an dem Bache | ||
Die kleinen Veilchen blühn! | ||
Wie möcht ich doch so gerne | ||
Ein Veilchen wieder sehn! | ||
Ach lieber Mai, wie gerne | ||
Einmal spazieren gehn! | ||
2. | Zwar Wintertage haben | |
Wohl auch der Freuden viel; | ||
Man kann im Schnee eins traben, | ||
Und treibt manch Abendspiel. | ||
Baut Häuserchen von Karten, | ||
Spielt blinde Kuh und Pfand; | ||
Auch giebts wohl Schlittenfarten | ||
Aufs liebe freie Land. | ||
3. | Doch wenn die Vöglein singen, | |
Und wir dann froh und flink | ||
Auf grünen Rasen springen, | ||
Das ist ein ander Ding! | ||
Jetzt muß mein Steckenpferdchen | ||
Dort in dem Winkel stehn; | ||
Denn draußen in dem Gärtchen | ||
Kann man vor Koth nicht gehen. | ||
4. | Am meisten aber dauert | |
Mich Fiekchens Herzeleid, | ||
Das arme Mädchen lauert | ||
Recht auf die Blumenzeit! | ||
Umsonst hol' ich ihr Spielchen | ||
Zum Zeitvertreib herbei: | ||
Sie sitzt in ihrem Stühlchen, | ||
Wie's Hühnchen auf dem Ei. | ||
5. | Ach, wenn's doch erst gelinder | |
Und grüner draußen wär! | ||
Komm, lieber Mai, wir Kinder, | ||
Wir bitten gar zu sehr. | ||
O komm und bring vor allen | ||
Uns viele Veilchen mit; | ||
Bring auch viel Nachtigallen | ||
Und schöne Kukuks mit! |
Lieder für Kinder aus Campes Kinderbibliothek mit Melodieen, bey dem Klavier zu singen, von Johann Friedrich Reichardt, Königlich preußischer Capellmeister. Hamburg: Heroldsche Buchhandlung 1781, S. 10.
DVA: B 50311
Editorische Anmerkung:
In dieser Sammlung erscheint Fritzchens Lied mit folgenden Textänderungen, die alles Kritische und in jener Zeit offenbar als anstößig Empfundene getilgt haben: Die zweite Strophe wurde durch eine ganz neue ersetzt, die dritte teilweise und in der vierten Strophe die letzte Zeile umgedichtet. Von wem diese Änderungen stammen, ist unbekannt.
Die Änderung des Titels in "Sehnsucht nach dem Frühlinge" geht auf den Herausgeber der "Kleinen Kinderbibliothek", Joachim Heinrich Campe, zurück.
Reichardts Textfassung ging unmittelbar ein in: Zweihundert und zehn Lider frölicher Geselschaft und einsamer Frölichkeit, gesamlet von [Christian Heinrich] Wolke. Dessau, 1782. In der philanthropischen Buchhandlung und in Commission bei S. L. Crusius in Leipzig, S. 71f.
last modified
30.08.2011 10:36