Edition A: Ukraine 1927 copied.
A. Aus dem Grabe ist gedrungen
(Ukraine 1927)
Text: anonym
| Eine Sendung aus dem Grabe. | ||
| 1. | Aus dem Grabe ist gedrungen | |
| Eine Stimm' durch Engelzungen, | ||
| Jauchzend rufet sie, sie spricht: | ||
| - Ich verzeihe nicht! - | ||
| 2. | In meinem Leben noch auf Erden | |
| War nichts, wie Ärger und Beschwerden. | ||
| An allem dies hat sie die Schuld. | ||
| Sie hatte alles so gewollt. | ||
| 3. | Die Josephine Koschke war's, | |
| Die mir im Leben macht viel Arg's. | ||
| Sie ärgerte mich bis ins Grab, | ||
| Darin ich jetzt schon Ruhe hab'. | ||
| 4. | Sie dachte gleich nach meinem Tode | |
| Wird's weiter gehn nach alter Mode. | ||
| Verlassen wird sie Edja nicht, | ||
| Gewiss, das war ja seine Pflicht. | ||
| 5. | Doch Gott der Herr, der hat's gesehen, | |
| Er liess was anders jetzt geschehen. | ||
| Verlassen ist die Josephine, | ||
| Jetzt nehmet Edja sich die Miene. | ||
| 6. | Du hast das Leben mir verbittert, | |
| Durch dich hat's ganze Haus gezittert, | ||
| Gemartert hast mich fünfzehn Jahre, | ||
| Vor Ärger grauten mir die Haare. | ||
| 7. | Und was ist jetzt der Lohn dafür? | |
| Jetzt sitzest du, du dummes Tier! | ||
| Jetzt spürest du, was ärgern heisst, | ||
| Wie es einen Menschen niederreisst! | ||
| 8. | Du hast dir eine Schand gemacht, | |
| Du wirst von jedermann belacht. | ||
| Du möchtest gern sein abgeruft | ||
| Zu mir in diese Erdenkluft. | ||
| 9. | Doch Gott der Herr, der alles sieht, | |
| Der sich um jede Seel' bemüht, | ||
| Er strafte dich durch seinen Zorn, | ||
| Der Stolz, der muss in dir verdorr'n. | ||
| 10. | Wie oft hast du mich ausgelacht, | |
| Zu einem Narren mich gemacht. | ||
| Gesagt: - Ich fürchte keinen nicht! | ||
| Zu ärgern dich ist meine Pflicht! – | ||
| 11. | Schon ruhig lag ich jetzt im Grabe, | |
| Doch wie ich das gehöret habe, | ||
| Dass deine Hoffnung nicht erfüllt, | ||
| So wurde ich dem Grab enthüllt. | ||
| 12. | Musst sagen dir das letzte Wort, | |
| Dann schlafe ich in Frieden fort. | ||
| Die Freude, die ist gross für mich, | ||
| Du bist gestraft, ich leb' im Licht. | ||
| 13. | So richtet Gott die Menschen all, | |
| Die geraten in den Sündenfall. | ||
| Drum, Menschen, fürchtet euch, Gott lebt! | ||
| Der uns das Leben gibt und nehmt. | ||
| 14. | Jetzt ist mein letzter Wunsch erfüllt, | |
| Und wie ein Löw' auf Erden brüllt, | ||
| So ruf' ich aus dem Grab hervor: | ||
| - So muss es gehen dir, du Tor! – | ||
| 15. | Ein Beispiel ist's für alle Toren, | |
| Die sich beschäftigen mit Huren, | ||
| Sein's junge, alte, allzumal, | ||
| Die leben hier im Jammertal! - | ||
Aufgezeichnet in der Kolonie Grunau, Kreis Mariupol (Ukraine) im Sommer 1927 durch Alfred Ström; Gewährsperson: nicht genannt.
DVA: DVL – M 33, Nr. 1
IRLI Handschr. Abt.: Fond 104 – 12 – 93, Veröffentlichung mit Genehmigung von IRLI RAN, Sankt-Petersburg.
last modified
16.09.2013 12:38