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You are here: Home Lieder Ich steh an deiner Krippen hier Edition C: Vertonung durch Johann Sebastian Bach 1736
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C. Ich steh an deiner krippen hier

(Vertonung durch Johann Sebastian Bach 1736)


Text: Paul Gerhardt (1607–1676)
Musik: Johann Sebastian Bach (1685–1750)





1. Ich steh an deiner krippen hier,
o Jesulein mein leben,
ich stehe, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein geist und sinn,
herz, seel und muth, nimm alles hin,
und laß dirs wohlgefallen.
 
2. Du hast mit deiner lieb erfüllt
mein adern und geblüthe,
dein schöner glanz, dein süsses bild,
liegt mir stets in gemüthe,
und wie mag es auch anders seyn?
Wie könnt ich dich, mein herzelein,
aus meinem herze lassen?
 
3. Da ich noch nicht gebohren war,
da bist du mir gebohren,
und hast mich dir zu eigen gar,
eh ich dich kannt, erkohren,
eh ich durch deine hand gemacht,
da hat dein herze schon bedacht,
wie du mein wolltest werden.
 
4. Ich lag in tiefster todesnacht,
du wurdest meine sonne,
die sonne, die mir zugebracht
licht, leben, freud und wonne;
O sonne, die das werthe licht
des glaubens in mir zugericht,
wie schon sind deine strahlen.
 
5. Ich sehe dich mit freuden an,
und kan mich nicht satt sehen,
und weil ich nun nicht weiter kan,
so thu ich, was geschehen;
O daß mein sinn ein abgrund wär,
und meine seel ein weites meer,
daß ich dich mochte fassen.
 
6. Vergonne mir, o Jesulein,
daß ich dein mündlein küsse,
das mündlein, das den süssen wein,
auch | milch und honigflüsse [S. 132]
weit übertrifft in seiner kraft,
es ist voll labsal, stärk und saft,
der mark und bein erquicket.
 
7. Wann oft mein herz im leibe weint,
und keinen trost kan finden,
da ruft mirs zu: Ich bin dein freund,
ein tilger deiner sünden.
Was traurest du, mein fleisch und pein,
du sollt ja guter dinge seyn,
ich zahle deine schulden.
 
8. Wer ist der meister, der allhier
nach würdigkeit ausstreichet
die händlein, so dieß kindlein mir
anlachende zureichet?
Der schnee ist hell, die milch ist weiß,
verliehren doch beyd ihren preis,
wenn diese händlein blicken.
 
9. Wo nehm ich weisheit und verstand,
mit lobe zu erheben
die äuglein, die so unverwandt
nach mir gerichtet stehen;
der volle mond ist schön und klar,
schön in der güldnen sternen schaar,
dies' äuglein sind viel schöner.
 
10. O daß doch so ein lieber stern
soll in der krippen liegen!
für edle kinder grosser herrn
gehören goldne wiegen.
Ach! heu und stroh sind viel zu schlecht;
sammt, seiden, purpur wären recht,
dieß kindlein drauf zu legen.
 
11. Nehmt weg das stroh, nehmt weg das heu,
ich will mir blumen holen,
daß meines Heylands lager sey
auf rosen und violen,
mit tulpen, nelken, roßmarin,
aus schönen gärten will ich ihn
von obenher bestreuen.
 
12. Zur seiten will ich hie und dar
viel weise liljen stecken,
die sollen seiner äuglein paar
im schlafe sanft bedecken;
doch liebt vielmehr das dürre gras
das kindlein mehr, als alles das,
was ich hie nenn und denke.
 
13. Du fragest nicht nach lust der welt,
noch nach des leibes freuden,
du hast dich bey uns eingestellt,
an unser statt zu leiden,
suchst meiner seelen trost und freud
durch allerhand beschwerlichkeit,
das will ich dir nicht wehren.
 
14. Eins aber, hoff ich, wirst du mir,
mein Heyland, nicht versagen,
daß ich dich möge für und für
in, bey und an mir tragen,
so laß mich doch dein kripplein seyn;
komm, komm, und lege bey mir ein
dich und all deine freuden.
 
15. Zwar sollt ich denken, wie gering
ich dich bewirthen werde,
du bist der schöpfer aller ding,
ich bin nur staub und erde,
doch bist du so ein lieber gast,
daß du noch nie verschmähet hast
den, der dich gerne siehet.


Musicalisches Gesang-Buch, Darinnen 954 geistreiche, sowohl alte als neue Lieder und Arien, mit wohlgesetzten Melodien, in Discant und Baß, befindlich sind; Vornemlich denen Evangelischen Gemeinen im Stifte Naumburg-Zeitz gewidmet, […] herausgegeben von George Christian Schemelli, Schloß-Cantore daselbst. Leipzig 1736 (Neudruck: 2. Aufl. Hildesheim 1999), S. 131f. (Nr. 195).
DVA: B 50166


Anmerkung zur Notenedition
In der Vorlage sind im letzten System die Achtel der Singstimme falsch notiert. Sie lauten dort irrtümlich c'' – es'' – c'' – c''.
last modified 08.07.2009 09:58
 

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