A. Schrecklich war die Nacht in Grunau
(Ukraine 1927)
Text: anonym
Ein Gedicht von der Feuersbrunst beim Meier in Grunau. | ||
1. | Schrecklich war die Nacht in Grunau, | |
Als beim Meier brannt das Haus. | ||
Alles wurd' durch Glut verstöret | ||
Und kein Vieh konnt' nicht heraus. | ||
2. | Aber dieses noch zu retten | |
Wagte Meier es mit Mut. | ||
Riss die Pferde von den Ketten, | ||
Und fürcht nicht des Feuers Glut. | ||
3. | – Joseph, – sprach er, – hilf mir lieber | |
Zwei von diese Pferd heraus! | ||
Denn das sind die besten Güter | ||
Die ich hatt' in meinem Haus. – | ||
4. | Joseph folgte so in Ehren, | |
Sprang ganz mutig in die Hitz. | ||
Und lässt sich nicht mehr abwehren, | ||
War halb nackt und ohne Mütz. | ||
5. | Grausam war'n die Feuerflammen, | |
Denn von innen brennt es schon. | ||
Jeder raffte sich zusammen, | ||
Jeder der bekam sein Lohn. | ||
6. | Durch die Glut auf Hand und Füssen | |
Suchten sie den Weg zurück. | ||
Ach, das war ein schrecklich Büssen, | ||
Doch es war ein grosses Glück, | ||
7. | Dass sie eine Türe fanden | |
Welche sie Gott selber wies! | ||
In der grössten Glut und Flammen | ||
Und sie nicht im Feuer liess. | ||
8. | Aber, ach! wie schrecklich brannten | |
Ihre Kleider gleich wie Zund. | ||
Grausam weinten Anverwandten, | ||
Schrecklich war ihr Leib verwund’t. | ||
9. | Händ' und Füsse, Bein und Arme, | |
War’n vertrümmert und verbrannt. | ||
Ach, dass sich möcht' Gott erbarmen | ||
Über solchen Jammerstand. | ||
10. | Und so legt man sie in's Bette | |
Und goss Oel auf ihre Wund, | ||
Um womöglichst sie zu retten. | ||
Qual war die letzte Stund. | ||
11. | Aber alles war vergebens! | |
Jede Stunde wuchs der Schmerz. | ||
Bis der Augenblick des Lebens | ||
Denn der Tod durchbohrt das Herz. |
Aufgezeichnet in der Kolonie Grunau, Kreis Mariupol (Ukraine) im Sommer 1927 durch Alfred Ström; Gewährsperson: nicht genannt.
DVA: DVL – M 39, Nr. 1
IRLI Handschr. Abt.: Fond 104 – 12 – 98, Veröffentlichung mit Genehmigung von IRLI RAN, Sankt-Petersburg.
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16.09.2013 01:51