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Der Jäger längs dem Weiher ging


Die Sagenballade "Der Jäger längs dem Weiher ging", die vom Raub der Krone eines Schlängleins durch einen Jäger erzählt, schrieb Anton Wilhelm von Zuccalmaglio zur Melodie des Liedes "Der Edelmann im Habersack". Erstmals 1835 veröffentlicht hat diese Kunstballade kaum Verbreitung gefunden, im Gegensatz zu ihrer nur wenig später entstandenen Kontrafaktur "Ein Jäger längs dem Weiher ging". Dieses Scherzlied über einen Jäger, der vor einem Hasen davonläuft, ist bis heute populär geblieben.

I. Im 4. Band von Friedrich Karl Freiherr von Erlachs "Die Volkslieder der Deutschen" (Mannheim 1835) erschien auch eine Reihe von Liedtexten, die Anton Wilhelm von Zuccalmaglio (1803–1869) dem Herausgeber dieser seinerzeit einflussreichen Mustersammlung hatte zukommen lassen, darunter die Sagenballade "Die Kronschlange" (Incipit "Der Jäger längs dem Weiher ging"). Der beistehende Vermerk "Wird im Bergischen noch gesungen" suggerierte, es handele sich um eine Aufzeichnung aus mündlicher Überlieferung. Tatsächlich stammte die Ballade aus Zuccalmaglios eigener Feder, wobei er freilich ein älteres Sagenmotiv verarbeitet hatte. Die Melodie entlehnte Zuccalmaglio dem Lied "Der Edelmann im Habersack" (Erk/Böhme Nr. 146). Mit dieser Melodie erschien die Sagenballade "Der Jäger längs dem Weiher ging" zuerst 1840 im 1. Band der ebenfalls wirkmächtigen Sammlung "Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen" (Edition A), an deren Herausgabe Zuccalmaglio maßgeblich beteiligt war.

II. Zuccalmaglios Sagenballade "Die Kronschlange" handelt von einem Jäger, der am Ufer eines Weihers eine Krone findet, die ein Schlänglein – das sich als verzauberte junge Frau entpuppt – abgelegt hat, während es ein Bad nimmt. Der Jäger entwendet die Krone und gibt sie trotz aller Versprechungen des Schlängleins nicht mehr zurück, sondern verschließt sie in einem "festen Schrein". Damit löst sich der Zauber und er gewinnt die "schönste Maid" zur Braut. Zuccalmaglio griff in seiner Ballade einen älteren Sagenstoff auf, den zuvor auch schon Friedrich Kind (1768–1843), der Librettist des "Freischütz", in seinem Gedicht "Der Schleier im Walde" verarbeitet hatte. Hier allerdings nimmt der Raub der Krone von "Otternkönigs Töchterlein" ein schlimmes Ende: Ein herbeigerufener "Tross" von Schlangen tötet den Jäger nach längerer Verfolgung mit Giftbissen (s. Kind 1808). Dass die in seinem Lied besungene Geschichte ein gutes Ende nimmt, zeigte Zuccalmaglio auch durch die Wahl der Melodie an. Er entlehnte sie dem erotischen Schwanklied "Der Edelmann im Habersack", das in unterschiedlichen Fassungen seit dem 17. Jahrhundert belegt ist ("Es wohnt ein Müller an jenem Teich, lauf, Müller lauf!").

III. Die Sagenballade "Der Jäger längs dem Weiher ging" fand um 1840 eine gewisse Resonanz. Karl Marx etwa nahm sie in eine 1839 angelegte Liederhandschrift auf (s. Marx 1975), die er seiner Braut Jenny von Westphalen widmete (den Anstoß dazu gab vermutlich der letzte Vers des Liedes). Auch im Druck erschien "Die Kronschlange" verschiedentlich (s. Anmerkungen zu Edition A), so u. a. in Karl Simrocks Reisebuch "Das malerische und romantische Rheinland" (Leipzig um 1840), der die Ballade am Ende seiner Bemerkungen über den Kurort Schlangenbad im Taunus anführt. Die Zahl der Rezeptionsbelege ist insgesamt gesehen jedoch gering. Nur wenige Gebrauchsliederbücher haben Zuccalmaglios Kunstballade aufgenommen; zu den letzten gehören das 1906 auf Veranlassung Kaiser Wilhelms II. herausgegebene "Volksliederbuch für Männerchor" (Edition B) und die 1913 erschienene Sammlung "Singsang zu Drehorgel und Zupfgeige" (Edition C). Bis heute populär geblieben ist dagegen die Mitte des 19. Jahrhunderts entstandene scherzhafte Kontrafaktur des Liedes "Ein Jäger längs dem Weiher ging".

TOBIAS WIDMAIER
Quellenrecherche: ANNETTE KRÄTER
(September 2012)



Editionen und Referenzwerke
Weiterführende Literatur
  • Karl Marx: Werke, Artikel, literarische Versuche bis März 1843. Berlin 1975 (Karl Marx/Friedrich Engels Gesamtausgabe [MEGA], 1. Abteilung, Bd. 1), Textbd. S. 804f., Apparat S. 1268.
  • Lutz Röhrich: Sagenballade. In: Handbuch des Volksliedes, Bd. 1: Die Gattungen des Volksliedes. Hrsg. von Rolf Wilhelm Brednich u. a. München 1973, S. 139.
  • Friedrich Kind: Der Schleier im Walde. In: Gedichte. Leipzig 1808, S. 203f.


Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: selten in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: —
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Tobias Widmaier: Der Jäger längs dem Weiher ging (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/der_jaeger_laengs_dem_weiher_ging/>.


© Deutsches Volksliedarchiv

last modified 31.01.2013 05:22
 

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