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Von einer Mordsgeschichte hört


Die Moritat "Von einer Mordsgeschichte hört" handelt von einem Raubmord in einer russlanddeutschen Siedlung in der Ukraine. Entstanden ist das Lied zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Es ist bislang nur in einer einzigen Aufzeichnung nachgewiesen.

I. Der Text der Moritat wurde 1926 von dem Germanisten Alfred Ström in der russlanddeutschen Siedlung Kolonie Andreburg im Südosten der Ukraine aufgezeichnet. Andreburg war Teil eines größeren Siedlungskomplexes entlang des Flusses Molotschna, mit dem Hauptort Prischib. Gegenstand des Liedes ist eine Gewalttat, die damals vermutlich in der gesamten Region Molotschnaja Entsetzen ausgelöst hat: 1904 wurden der evangelische Pfarrer von Prischib, Pastor Baumann, seine Frau sowie seine jüngste Tochter des Nachts überfallen und ermordet. Verfasst wurde "Von einer Mordsgeschichte hört" wahrscheinlich 1904 oder nur wenig später, als direkte Reaktion auf das Geschehnis. Das Lied hebt mit einem für Moritaten typischen Eingangsvers an und entfaltet in seinen sieben Strophen anschaulich und dramatisch den Ablauf des Geschehens: recht detailliert werden der Tathergang, der erfolglose Versuch der Dorfbewohner noch rechtzeitig helfend einzugreifen sowie der Anblick des Tatortes und der schrecklich zugerichteten Opfer beschrieben (Edition A).

II. Zur Entstehung wie auch zur Rezeption des Liedes gibt es bislang so gut wie keine Informationen. Der Name des Verfassers ist nicht überliefert. Zur Melodie haben wir lediglich den Verweis auf das geistliche Lob- und Danklied "O dass ich tausend Zungen hätte". Dass die Moritat als Kontrafaktur angelegt ist, ist möglicherweise dem Kontext geschuldet – dem Mord an einer Pastorenfamilie. Der Raubmord erregte damals ganz offensichtlich die Gemüter und wurde noch in mindestens einem weiteren Lied verarbeitet (s. "Hört Menschen eine Schreckenskunde"). "Von einer Mordsgeschichte hört" war bis Ende der 1920er Jahre noch in der Erinnerung einzelner Menschen aus der Prischiber Gegend präsent. Verbreitet war es vermutlich ausschließlich in der näheren Umgebung von Prischib: dort, wo die Menschen persönlich betroffen waren.

INGRID BERTLEFF
(Februar 2010)



Weiterführende Literatur
  • Helmut T. Huebert: Events and people. Events in Russian Mennonite history and the people that made them happen. Winnipeg: Springfield 1999, S. 137f. (zum Mord an der Pastorenfamilie).
  • Viktor Schirmunski: Das kolonistische Lied in Rußland. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 37/38 (1927/28), S. 182–215 (s. dort S. 188f.).


Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: Einzelbeleg aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: —
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: —
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Phonogrammarchivs St. Petersburg (IRLI) und des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Ingrid Bertleff: Von einer Mordsgeschichte hört (2010). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/von_einer_mordsgeschichte_hoert/>.


© Deutsches Volksliedarchiv
last modified 16.09.2013 01:01
 

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