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You are here: Home Lieder Sah ein Fürst ein Büchlein stehn Edition C: Folkszene DDR 1981
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C. Sah ein Fürst ein Büchlein stehn

(Folkszene DDR 1981)


Text: Leberecht Blücher Dreves (1816―1870)
Melodie: Heinrich Werner (1800–1833)

Scan der Editionsvorlage
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Sah ein Fürst ein Büchlein stehn

1. Sah ein Fürst ein Büchlein stehn
In des Ladens Ecken,
Nahm es rasch, es durchzusehn,
Las es auch vor'm Schlafengehn,
Doch mit tausend Schrecken.
Büchlein, Büchlein, Büchlein keck,
Aus des Ladens Ecken.
 
2. König sprach: Ich unterdrück's
Büchlein aus dem Laden.
Büchlein dachte: O des Glücks!
Dann liest man mich hinterrücks,
Und das bringt nie Schaden.
Büchlein, Büchlein, Büchlein keck,
Büchlein aus dem Laden.
 
3. Und der gute Fürst verbot
's Büchlein in dem Lande.
Büchlein aber litt nicht Not,
Ging recht ab wie warmes Brot,
Ging von Hand zu Hande.
Büchlein, Büchlein, Büchlein keck,
Büchlein bleibt im Lande.


Deutsche Volkslieder. Heft 2. Hrsg. von den Gruppen "Heureka" und "Wacholder". Cottbus o. J. [1981], S. 13 (Nr. 33).
DVA: V 3/7026

Dort folgende Herkunftsangabe: "Mel[odie]: Heinrich Werner; Qu[elle]: Lieder eines Hanseaten (d.i. August Prinz); Wesel, Prinz, 1843, S. 107 f.; daher bei: "Geschichte in Liedern (1815–1979); Programmheft: Öffentliche Abendveranstaltung beim 22. Deutschen Volkskundekongreß '79"; Kiel, 1979".


Editorische Anmerkung:
Ergänzend zu den Herkunftsangaben dort noch folgende Anmerkung: "Diese Parodie des Literaten August Prinz von Altona, der in der Zeit des Vormärz mehrfach verhaftet wurde, entstand auf das bekannte Volkslied 'Sah ein Knab ein Röslein stehn'."
Die fälschliche Zuschreibung des Textes auf den Verleger August Prinz beruhte auf der Übernahme der Angaben aus dem zitierten Programmheft des Deutschen Volksliedarchivs "Geschichte in Liedern" (Kiel 1979): Auch dort wurde der Text – in Anlehnung an das "Deutsche Anonymen-Lexikon 1501–1850" von Michael Holzmann und Hanns Bohatta (Weimar 1905, Bd. 3, S. 72, Nr. 2262) – noch fälschlicherweise Prinz zugeschrieben. Die vermeintliche Autorschaft von August Prinz wurde auch von Ulrich Otto: Die historisch-politischen Lieder und Karikaturen des Vormärz und der Revolution von 1848/1849 (Köln 1982) übernommen und findet sich gelegentlich bis in die Gegenwart (jüngst noch bei Werner Hinze: Historisch-politische Lieder aus acht Jahrhunderten. Kiel: Landeszentrale für politische Bildung 2009, S. 111, in direkter Übernahme der Angaben aus der Auflage desselben Buches aus dem Jahr 1989).
Demgegenüber hat sich bei den Angaben in Gebrauchsliederbüchern seit 1981 die tatsächliche Autorschaft von Dreves, die bereits 1978 bei Walter Moßmann und Peter Schleuning (Alte und neue politische Lieder) genannt wurde, durchgesetzt:
  • Heide Buhmann, Hanspeter Haeseler: Das kleine dicke Liederbuch. 3. Aufl. Darmstadt 1981;
  • Alexander Lipping, Björn Grabendorff: 1848. Der Deutsche macht in Güte die Revolution. Texte und Noten. Frankfurt a.M. 1982;
  • Anton Markmiller: Unser dickes Liederbuch. Düsseldorf 1985;
  • Wir lieben das Leben. Liederbuch der Naturfreunde. Essen 1987.
Auch Moßmanns Interpretation der Goethe-Parodie ist bisweilen übernommen oder nachgedruckt worden – freilich ohne Angabe der Quelle:
"Noch etwas zu diesem Lied: Es ist eine Ohrfeige für Goethe. Denn der Autor hielt sich eng an das alte Vergewaltigungs-Lied des großen Nationalautors, bis zu kleinen wörtlich übernommenen Wendungen, und zeigte damit auch, welche Herrschaftsverhältnisse bei Goethe normal und positiv gewertet sind: Der Vergewaltiger (der wilde Knabe) ist beim Hanseaten 'König' oder 'Fürst', das Röslein, also das Opfer, wird zum unterdrückten 'Freiheitsbüchlein'. Aber während Herr von Goethe und nach ihm Tausende von deutschen Männerchören zufrieden und innig die Vergewaltigung mit dem Vers kommentieren 'half ihm doch kein Weh und Ach, mußt es eben leiden', setzt sich das Freiheitsbüchlein mit List und Selbstbewußtsein durch." (Walter Moßmann, Peter Schleuning: Alte und neue politische Lieder. Hamburg 1978, S. 16.)
last modified 31.08.2011 02:52
 

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