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Liederlexikon

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You are here: Home Lieder O weichet ihr Sorgen Edition B: Hildesheim 19. Jahrhundert
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B. O weichet, ihr Sorgen

(Hildesheim 19. Jahrhundert)


Text: anonym

Scan der Editionsvorlage
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Das Fest der vier Jahreszeiten.

1. O weichet, ihr Sorgen, von Jahre zu Jahre,
Der Schöpfer, der schenk' uns ein fröhliches Jahr!
Die Gesundheit, den Frieden, gesegnete Zeit!
Erhör' uns, o Vater, und schenk' uns die Freud'!
 
Rede des Winters.
 
Ich als Winter stelle mir
Von der Straße in die Thür,
Hab' oft manche kalte Stunde,
Stürmisch, dabei doch gesunde;
Ach, wie zier' ich manchen Baum,
Daß ein Maler kann ja kaum
Malen gleich die Blumen so,
Wie ich damit zieren thu',
Wie der Schnee so schön thut funkeln,
Kleine Sterne, große Flocken!
Muß ich zieren gleich die Bahn,
Daß man kann mit Schlitten fahr'n. |[S. 2]
 
2. Im Januar fängt sich das neue Jahr an,
Ich ziere die Bäume, ich ziere die Bahn,
Mit Schlitten kann man fahren durch Städte und Land
Das Fest der drei Könige ist uns auch bekannt.
 
3. Maria ihre Reinigung im Hornung der Zeit –
Da hab' ich als Winter noch öfters die Leut',
Am Ende so ruf' ich die Fasten heraus,
Sagt Mancher, laßt Fasten, wir halten einen Schmaus.
 
4. Der März-Mond noch etwas als Winter ist mein,
Der bringet Thauwetter und warmen Sonnenschein –
Und wenn ich noch weiter ins Monat 'reingeh,
So kommt ja der Frühling und jagt weg den Schnee.
 
5. Am Ende des März-Monats stell' ich mich nun ein,
Jetzt packe dich, du Wint[e]r, der Frühling ist mein,
Der Engel verkündigt Maria als Held,
Sie sollte gebähren den Heiland der Welt. –
 
6. Palmarum, Charfreitag, das Osterfest auch,
Da singen die Vögel nach ihrem Gebrauch
April ist fruchtbar, bringt Regen und Schnee,
Bedecket die Erde mit Kräutern und Klee. – |[S. 3]
 
Frühlings-Lied. 
 
Schon locket der Mai die Schwalbe herbei
Und alles im Dörfchen ist heiter;
Die Wiesen sind grün und überall blüh'n
Die lieblichsten Blumen und Kräuter. –
 
Mit fröhlichem Klang läßt Vögelgesang –
Im Felde und Walde sich hören;
O singet ein Lied, ein heiliges Lied
Dem Schöpfer des Frühlings zu Ehren.
 
Rede des Frühlings.
 
Ich als Frühling preise mich,
Mit den Blumen säuberlich;
Schöne Blüt', zur süßen Frucht,
Rosen, Nelken, die man sucht;
Ach, wie schlägt die Nachtigall,
Gleich die Vögel überall;
Jedes preiset seinen Gott,
Der die Welt erschaffen hat.
Alle Wiesen, Felder grün,
Auch die Lilien zierlich blühn,
Alle Vögel, Paar bei Paar,
Suchen ihre Nester dar. |[S. 4]
 
7. Wie lieblich der Mai-Monat die Bäume beglückt,
Wie zierend die Felder mit Blumen geschmückt, –
Am Tage der Himmelfahrt ist Christus gereis't,
Am Pfingsten erscheint uns der heilige Geist.
 
8. Im Juni da sieht man die Felder so schön,
Wie zierend, wie lieblich die Früchte da stehn;
Da preis't man den Schöpfer für Kräuter und Frucht,
Da stellt sich der Sommer, empfängt sie mit Lust.
 
9. Wie lieblich als Sommer stell' ich mich nun ein,
Die Tage am längsten, die Sonne hoch scheint,
Johannes, der Tag erwecket die Tauf',
Wie lieblich vollendet der Monat seinen Lauf. –
 
Sommer-Lied. 
 
Lange Sommertage
Sind willkommen mir,
Sage, was man, sage:
Freudevoll seid ihr;
Herrlich kann man sehen,
Morgens auf zu stehen,
Wird's auch manchmal schwül,
Abends ist doch kühl. – |[S. 5]
 
Wiesen, Bäume, Reben,
Stehn in voller Pracht,
Voller Frucht und Leben,
Durch der Sonne Macht, –
Seht der Felder Segen
Neigt sich uns entgegen; –
Sammeln wollen wir –
Schöpfer, Dank dafür!
 
Rede des Sommers.
 
Ich als Sommer preise mich,
Schöne Früchte bringe ich: –
Kirschen, Birnen, Aprikosen,
Alle Früchte thu' ich loben,
Kommt gleich Regen, Donner, Blitz,
Auch der Sonnenstrahlen Hitz', –
Alles gehört zu dieser Zeit,
Macht auch wieder Muth und Freud';
Führt die Menschen zu ihrer Frucht,
sie dienen auch zur Lieb' und Lust.
 
10. Maria Heimsuchung im Julius-Monat, –
Bekräftet die Heuerndte mit Honig und Saft, –
Der Monat erfreuet die Menschen und Vieh
Jacobus verkündigt die Erndte mit Müh. – |[S. 6]
 
11. Augustus bescheert uns die fröhliche Zeit,
Da ist man mit Sichel und Sensen bereit;
Da füllt man die Häuser und Scheunen mit Frucht,
Auf daß wir bekommen Bier, Branntwein und Brod.
 
12. Im Monat September erschallet der Wald,
Der Jäger das Wildpret mit Büchsen erknallt,
Der Ackersmann bringet Getreide und Wein,
Am Ende da stellt sich der Herbst auch noch ein.
 
13. Neu stell' ich als Herbst-Mond mich auch noch herfür,
Sieben Tage im September gehören noch mir,
Und thu' mich gleich preisen, mit Wein und mit Most,
Und feiern dazu das Michaeli-Fest.
 
Rede des Herbstes. 
 
Ich als Herbst bin auch bereit,
Ich liebe des Vaters Gütigkeit,
Find' ich noch was auf den Feldern,
Bring' ich's gleich in Küch' und Kellern,
Fette Gänse, Ochsen, Schwein,
Und dazu ein gut Glas Wein.
Hat man Alles dies im Haus,
Kann man halten einen Schmaus;
Leben jetzt in Fried' und Ruh', |[S. 7]
Und trinken die Gesundheit zu;
Wer dies hat sein Lebenlang,
Vergesse nie zu sagen
Dem Schöpfer Preis und Dank.
 
14. Der Monat October bringt Trauben und Saft,
Erfreuet die Menschen, giebt Gesundheit und Kraft, –
Ja Mancher zufrieden und Fröhlichkeit bringt,
Oft thut man dabei singen ein fröhliches Lied. –
 
15. Im Monat November da hat man gefüllt
Die Keller und Küche, Martinus der kühlt,
Der Landmann, der hat ja besäet sein Land,
Er bringt Gänse, Ochsen und Schafe zur Stadt.
 
16. Im Monat December da schlacht't man die Schwein',
Gesotten, gebraten dazu ein Maaß Wein,
Auf Christi Geburtstag erfreuen sich sehr Viel,
Die Tage am kürz'sten, das Jahr hat sein Ziel.
 
17. Das sind die zwölf Monat, die halten sich so,
Der erste macht lustig, der andere macht froh,
Der dritte besäet, der vierte macht naß,
Der fünfte bringt Freuden, der sechste macht Spaß, |[S. 8]
Der siebte erwärmet, der achte fährt ein,
Der neunte bringt Nahrung, der zehnte bringt Wein,
Der eilfte erfüllet, der zwölfte macht Lust,
So sind uns die Monate ja alle bewußt. –
 
18. Und weil uns die Monate sind alle bekannt,
So schenk' uns der Schöpfer den Frieden ins Land, –
Beständige Gesundheit, Glück, Friede und Freud',
Gute Handlungsgeschäfte zu jeder Zeit;
D'rum wünschen wir Friede in jedes Land,
Und wünschen einem Jeden einen fröhlichen Stand.
Der Friede erquicket das menschliche Herz,
Versüßet den Traurigen den bitteren Schmerz,
Ich Winter, ich Frühling, ich Sommer, ich Herbst,
Wir thun Ihnen ja wünschen ein fröhliches Herz. –
 
Der Dank. 
 
Sie haben uns eine Verehrung gegeben,
Der liebe Gott lasse Sie in Freuden jetzt leben,
Beständige Gesundheit, Glück, Friede und Freud',
Das wünschen wir Ihnen zu jeder Zeit!
Und weil jetzt unser Wunsch ist vollbracht,
So wünschen wir Ihnen eine gute Nacht.


Das Fest der vier Jahreszeiten. [Liedflugschrift] Hildesheim: Gerstenbergsche Buchdruckerei o. J. [19. Jahrhundert].
DVA: V 1/1145-6


Editorische Anmerkung:
Die Zwischenüberschriften der Vorlage werden kursiv wiedergegeben. Das "Frühlings-Lied" und das "Sommer-Lied" haben in der vorliegenden Quelle eine eigene Strophenzählung, die nicht in die Edition übernommen wurde.

last modified 21.06.2012 11:24
 

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