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Meine Oma fährt Motorrad ohne Bremse ohne Licht


Das Scherzlied über die Großmutter, die ein Motorrad ohne Bremse und Licht fährt, geht auf einen 1928 veröffentlichten Schlager zurück. Dessen skurriler Refrain bot sich für parodistische Weiterdichtungen geradezu an. Nach dem Zweiten Weltkrieg vermischten sich diese Verse zunehmend mit dem titelverwandten Lied "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad".

I. Der Schlager "Meine Oma fährt Motorrad" erschien 1928 mit der Musik des Hamburger Sängers Erwin Bolt (1905–1943) im Verlag Carl H. J. Rettig in Hamburg (Edition A). 1930 hat Bolt das Lied mit Theo Mackebens Jazzorchester auch auf Schellackplatte herausgebracht. Über den Textautor Ernst Albert ist noch weniger bekannt als über den Komponisten und Interpreten Erwin Bolt. Ob es sich bei Albert um den gleichnamigen Lübecker Biologen und Komiker (1859–1936) oder um eine andere Person handelt, ist unklar. Der in Hamburg geborene Bolt war seit 1924 als Tenor bei der Norddeutschen Rundfunk AG (Norag) tätig und leitete 1934–1936 kurzzeitig auch das dortige Rundfunkorchester. Heute ist er am ehesten als Interpret des Schlagers "Am Sonntag will mein Süsser mit mir segeln gehen" in Erinnerung. Sein Oma-Lied reiht sich ein unter die zahlreichen Ulk- und Nonsens-Schlager mit ihrem Hang zu neckisch-freizügigen Anspielungen, die in den 1920er Jahren en vogue waren, meist aber nur ein kurzes Dasein fristeten. Doch in diesem Fall verselbstständigte sich der Schlagerrefrain – vermutlich begünstigt dadurch, dass die Plattenaufnahme lediglich den Text des Refrains enthielt – und blieb noch lange Zeit in der mündlichen Überlieferung präsent.

II. Schon kurze Zeit nach der Veröffentlichung des Schlagers entstand eine parodistische Version des Refrains, in dem die mangelnde Verkehrstüchtigkeit von Omas Motorrad mit dem Auftauchen eines Polizisten konfrontiert wird, der die heikle Situation jedoch buchstäblich nicht blickt. In zahlreichen Varianten kursierte diese Strophe noch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg (Edition B). Weitere humoristische Zusatzstrophen ergänzten, dass die Oma etwa als Achtzigjährige noch Schlittschuh laufen und Fußball spielen kann, mit schaukelnden "Titten" und "Zwetschgen" auf ihrem Motorrad daher kommt oder der Schutzmann vor Lachen auf den Bauch fällt. Die melodische Nähe des Refrains zu dem Lied "Eine Seefahrt, die ist lustig" führte gleichzeitig dazu, dass die Verse nun häufiger zu dieser Weise gesungen und dementsprechend ergänzt wurden durch den Refrain "Hollahi–hollaho" (Edition C).

III. Seit den 1950er Jahren finden sich zudem Vermischungen mit dem nunmehr ebenfalls verbreiteten Scherzlied "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad". Dabei wird entweder die Zeile "ohne Bremse, ohne Licht" für das Lied "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" adaptiert oder aber ein Text zum Motiv der "Oma im Hühnerstall" auf die Melodie der "Oma ohne Bremse" gesungen (Edition D). Diese Formen der Vermischung zeigen zugleich, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Vergnügen an der Oma, die im Hühnerstall Motorrad fährt, deutlich an Popularität gewann, während die Oma "ohne Bremse, ohne Licht" davon zunehmend verdrängt wurde und in der Gegenwart kaum noch bekannt ist.

ECKHARD JOHN
(Februar 2009)



Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: vergleichsweise wenige Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: sehr selten in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: einzelne Tonaufzeichnungen
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Eckhard John: Meine Oma fährt Motorrad ohne Bremse ohne Licht (2009). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/meine_oma_faehrt_motorrad_ohne_bremse_ohne_licht/>.


© Deutsches Volksliedarchiv
last modified 12.09.2012 01:16
 

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