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Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!


"Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" ist ein Lied dänischen Ursprungs anonymer Autorschaft, das 1860 erstmals veröffentlicht wurde. Der Organist und Musikschriftsteller Heinrich Reimann übertrug es ins Deutsche, bearbeitete es und gab es 1893 als "Jütländisches Tanzlied" heraus. Nach einer zunächst eher schleppenden Rezeption wurde es in der NS-Zeit "Pflichtlied" der NS-Jugendorganisationen. Breitere Popularität hat "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" erst nach 1945 erreicht.

I. Das Lied "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" stammt aus Dänemark. Unter dem Titel "Jydsk Vise" (Jütländische Weise) wurde es dort zuerst 1860 in der Sammlung "Danske Folke-Sange og Melodier" des dänischen Komponisten und Musiklehrers Andreas Peter Berggreen (1801–1880) veröffentlicht (Edition A). Der bzw. die Urheber von Liedtext und -melodie sind unbekannt. Der Organist, Komponist und Musikschriftsteller Heinrich Reimann (1850–1906) übertrug das Lied ins Deutsche und bearbeitete es zugleich musikalisch, indem er der urspünglichen Liedweise einen auf die Silben "Tra la la…" zu singenden "echt jütländischen Walzer" als Refrain hinzufügte. Unter dem Titel "Jütländisches Tanzlied" erschien "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" 1893 in der von Reimann herausgegebenen Sammlung "Internationale Volkslieder" für Singstimme und Klavier (Edition B).

II. Entsprechend der dänischen Vorlage "Go Javten, go Javten! Tilsammen i en Slump!" beschreibt "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" Szenen eines dörflichen Tanzabends, bei dem es laut und ausgelassen hergeht. Zum Geigenspiel eines Musikanten dreht man sich "im wirbelnden Reihen" (Walzer), Polka aber, so bekundet ein Mädchen ihrem Tanzpartner, könne sie nicht tanzen (Str. 3): "Da sitze ich lieber und thu' mir vertellen / Mit mein' lieb' Schwester'n paar olle Kamellen!" Die im Lied wiederholt an den Geiger gerichtete Bitte, Walzer aufzuspielen, war für Reimann, den deutschen Bearbeiter, offenbar Anstoß, die im 2/4-Takt stehende, von Berggreen mitgeteilte Liedweise um eine ländlerhafte Passage im 3/8-Takt auf die Silben "Tra la la" am Ende jeder Strophe zu ergänzen. Die damit gegebenen Taktwechsel konterkarieren freilich in gewisser Weise die im Titel angesprochene Funktion von "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" als "Tanzlied", d.h. zum Tanz gesungenes Lied.

III. Nach der deutschen Erstveröffentlichung von "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" 1893 setzte die Rezeption des Liedes in Gebrauchsliederbüchern erst mit Verzögerung zu Beginn der 1920er Jahre ein. Enthalten ist es u.a. in einigen Liederbüchern der bündischen Jugendbewegung (z.B. "Heimat- und Fahrtenlieder der wandernden Jugend", Plauen 1926; "Jungvolker. Lieder der neudeutschen Jugend", Köln 1932). Große Multiplikatoren wie der "Zupfgeigenhansl" übernahmen das Lied jedoch nicht. Eine Fassung für dreistimmigen Frauenchor erschien 1925 (Edition C). Einen besonderen Stellenwert erlangte "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" allerdings in der NS-Zeit. In pädagogischen Schriften, Tagebüchern und Lebenserinnerungen finden sich verschiedentlich Hinweise auf die Rolle, die das Lied im Bund Deutscher Mädel oder in der Hitlerjugend spielte. Gepflegt wurde es hier als Auftaktnummer geselliger Abende oder Feierstunden. Als so genanntes "Pflichtlied" fand "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" Aufnahme in Liedpublikationen, die den NS-Jugendorganisationen als "Grundlage der Schulungsarbeit" dienten (Edition D). Aber auch in Liederbüchern anderer NS-Gliederungen ist das Lied enthalten. Nicht durchgehend wird dabei Jütland als Herkunftsregion des Liedes genannt: Die verschiedentlich zu findende Angabe "Niederdeutsch" (z.B. in "Unser Liederbuch. Lieder der Hitler-Jugend", München 1939) erweckt den Eindruck einer Vereinnahmung.

IV. Eine breitere Rezeption von "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" setzt nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Das "Liederbuch für die schaffende Jugend" des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Essen 1948) greift das Lied als eines der ersten wieder auf (Edition E). In den 1950er Jahren ist "Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'!" in eine Reihe von Gebrauchsliederbüchern für unterschiedliche Singgelegenheiten und Zielgruppen aufgenommen worden. Seit Mitte der 1960er Jahre ist die Zahl der Rezeptionsbelege jedoch rückläufig. Träger des Liedes sind inzwischen vornehmlich wohl ältere Menschen (s. Friedrich Haarhaus: Liederbuch für die Seniorenarbeit. München 2007).

FRAUKE SCHMITZ-GROPENGIESSER
Quellenrecherche: ANNETTE KRÄTER
(Oktober 2012)



Weiterführende Literatur
  • Joachim Dorfmüller: Heinrich Reimann. Leben und Werk eines schlesischen Musikschriftstellers, Organisten und Komponisten. Bonn: Gudrun Schröder Verlag 1994 (zum Lied S. 62).


Quellenübersicht
  • Ungedruckte Quellen: kaum Aufzeichnungen aus mündlicher Überlieferung
  • Gedruckte Quellen: vereinzelt auf Flugschriften, sehr häufig in Gebrauchsliederbüchern
  • Bild-Quellen: —
  • Tondokumente: etliche Tonträger
Berücksichtigt werden hier primär Quellen, die im Deutschen Volksliedarchiv (DVA) erschlossen sind. Hinsichtlich der Tonträger wurden auch die Bestände des Deutschen Musikarchivs (Leipzig) miteinbezogen.



Zitiervorschlag
Frauke Schmitz-Gropengiesser: Guten Abend, guten Abend, euch allen hier beisamm'! (2012). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. URL: <http://www.liederlexikon.de/lieder/guten_abend_guten_abend_euch_allen_hier_beisamm/>.


© Deutsches Volksliedarchiv

last modified 16.04.2013 10:18
 

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